Hausgeburt - Wichtige Tipps
von Online-Redaktion

"Als ich morgens erwachte, konnte ich mein eigenes Frühstück genießen und mich anschließend unter meine Dusche in unserem gemütlichen Badezimmer stellen! Aus der Küche duftete bereits der Kaffee aus der Espressomaschine, den ich zu meinem gewohnten Frühstück trinken konnte, das mir mein Mann liebevoll bereitet hat..." Claudia Ertl berichtet nicht von den Vorzügen eines Urlaubs in den eigenen vier Wänden, sondern von harter Arbeit - der Geburt ihrer zweiten Tochter. Kurz nachdem sie ihre erste Tochter im Geburtshaus Nussdorf zur Welt gebracht hatte, wurde dieses leider geschlossen. Eine Geburt in einem herkömmlichen Krankenhaus kam für die studierte Publizistin niemals in Frage. Also rief sie - sobald sie von ihrer zweiten Schwangerschaft definitiv wusste - ihre bereits vertraute Hebamme an, um sie um eine Hausgeburt zu bitten. Zu ihrer Verwunderung war diese nicht gleich hell auf begeistert, sondern abwartend. Zunächst wollte die Hebamme einiges aus ihren Aufzeichnungen über die Geburt von Claudias erstem Kind überprüfen, bevor sie ihr "grünes Licht" für eine Hausgeburt geben würde. Das kam dann einige Tage später.
WARUM HAUSGEBURT?
Claudia Ertl hat sich als Publizistin und als überzeugte Hausgeburtsbefürworterin eine interessante Aufgabe gestellt. In einer Studie befragte sie 450 Frauen über ihre Geburtserlebnisse, 68 davon haben eine Hausgeburt erlebt. Dieser hohe Prozentsatz entspricht nicht dem Österreichdurchschnitt. Nur knapp ein Prozent der Schwangeren entscheidet sich für eine Geburt in der eigenen Wohnung. In den Niederlanden hingegen entbinden etwa 30 Prozent der Frauen ihre Kinder zuhause. Jacorien, eine niederländische junge Frau, berichtet von den Geburten ihrer beiden Töchter zu Hause. Die Dichte an Krankenhäusern für allfällige Notfälle und die große Hausgeburts-Erfahrung in ihrem Land haben ihr die Entscheidung für eine Geburt in den eigenen vier Wänden leicht gemacht. Erleichternd für eine Entscheidungsfindung ist in den Niederlanden auch die Tatsache, dass Hausgeburten wieder staatlich gefördert werden. In Österreich sind die Kosten der Hebamme (Richtpreis: Euro 1400) zunächst selber zu entrichten, die gesetzlichen Krankenkassen erstatten dann etwas weniger als die Hälfte (ca. Euro 650) des Betrages zurück.
PLANUNG EINER HAUSGEBURT
Nachdem Claudia Ertl mit ihrer Hebamme eine Hausgeburt vereinbart hatte, erlebte sie eine normal ablaufende Schwangerschaft. Allerdings wurde ihr beinahe der Nestbautrieb der meisten werdenden Mütter zum Verhängnis. Während der Renovierungsarbeiten des Kinderzimmers setzten bereits die Wehen ein. Die engagierte werdende Mama wischte noch rasch den Boden auf. Claudias Mann organisierte die Betreuung der älteren Tochter, die von der Oma abgeholt wurde. Manche Frauen lassen die älteren Geschwister den Geburtsvorgang aktiv miterleben, Claudia Ertl wollte das für ihre kleine Familie nicht. Sie wollte sich ganz auf ihr neu ankommendes Kind konzentrieren. Und diese Entscheidung sollte sich als richtig herausstellen. "Nachdem alles bilderbuchmäßig abgelaufen war, verkrampfte ich mich plötzlich, da die Hebamme eine Dammmassage machte, die mir unangenehm war. Leider getraute ich mich nicht, dies zu sagen. Plötzlich ging nichts mehr weiter. Doch die Worte der Hebamme: "Wenn die Wehen nicht bald wieder kommen, dann müssen wir ins Krankenhaus", brachten meine Lebensgeister wieder in Gang. Ich habe einen starken Willen und den braucht man bei einer Hausgeburt auf jeden Fall! Ich betrachtete meine schönen orangefarbenen Vorhänge, die ich mir extra für die Hausgeburt neu gekauft hatte und genoss das flackernde Kerzenlicht meiner Duftlämpchen. Zunächst wollte ich meine Tochter in der Badewanne auf die Welt bringen, die war der Hebamme aber dann zu schmal, um im Notfall hilfreich eingreifen zu können. So gebar ich mein Baby schließlich hockend auf einem Leintuch auf unserem Schlafzimmerboden".
DIE STUNDEN DANACH
Frauen, die bereits Kinder im Krankenhaus geboren haben, berichten meist von den angenehmen Stunden nach der Geburt zu Hause. Kein herumlaufendes Pflegepersonal in weißen Kitteln, kein schaler Kaffee aus Spitalstassen, keine altbackenen Semmeln zum Frühstück, und vor allem keine Visite mit Oberarzt und einer Horde an Turnusärten und anderer Praktikanten, die einem auf das verwirrte, nicht gerade auftrittstaugliche Haupt starren. Frau Ertl erlebte ruhige Morgenstunden im Tiefschlaf, nachdem ihre Tochter in den frühen Morgenstunden des Ostermontags zur Welt kam. Alles schlief - Papa und Mama mit dem in warme Handtücher eingewickelten Baby im Arm in ihrem Doppelbett. Und natürlich auch die erschöpfte Hebamme auf einem rasch im Wohnzimmer bereiteten Lager. Idylle pur nach einer Hausgeburt? Ja und nein! Claudia Ertls Mann erzählt noch heute, dass er in diesen Tagen "wirklich viel gearbeitet hat". Und das ist auch bestimmt so: werdende Väter müssen für eine Hausgeburt geeignet sein. Ansonsten muss eine Großmutter oder gute Freundin der Gebärenden diesen Hilfsjob übernehmen. Denn zu Hause gibt es kein Pflegepersonal, das aufwischt, wegräumt und alle versorgt. Und auch einmal tröstet, wenn hormonell bedingt die Tränen fließen. Allerdings treten nachgeburtliche Depressionen bei Frauen, die zuhause in ihrer vertrauten Umgebung geboren haben, seltener auf.
VORTEILE EINER HAUSGEBURT
Die meist bessere seelische Befindlichkeit der Frauen ist nur eine der Beweggründe für eine Hausgeburt. Dr. Klara M., studierte Medizinerin, erlebte die Geburt ihrer ersten Tochter zu Hause als "enorm positives und stärkendes Erlebnis, worauf ich sehr stolz bin und von dem ich gerne berichte. Meine Beziehung zu meiner Tochter hat so mit guten Gefühlen begonnen!" Diese Empfindung war so groß, dass Klara M. nach der Geburt ihrer Tochter an Stelle der Turnusausbildung zur Ärztin eine Ausbildung zur Hebamme begann. Derzeit steht sie knapp vor dem Abschluss der Akademie und möchte zukünftig als freiberufliche Hebamme Frauen insbesondere bei Hausgeburten begleiten.
Denn Vorteile bringt eine Hausgeburt eine ganze Reihe, darin sind sich Dr. M. und Mag. Ertl einig.
- Die gebärende Frau kann das Geburtsgeschehen autonom gestalten und sie kann aus dieser Erfahrung gestärkt hervorgehen.
- Die Hebamme ist für die Frau eine Ansprechpartnerin während Schwangerschaft, Geburt und Wochenbett. Einsamkeit und Ratlosigkeit der Frau (insbesondere von Erstgebärenden) kann so verringert bis ausgeschalten werden.
- Der Kindesvater und auch die schon vorhandenen Kinder werden in das Geburtsgeschehen eingebunden.
- Die Frau kann sich während der Geburt durch die vertraute Umgebung und Personen leichter entspannen.
- Um den natürlichen Geburtsablauf nicht zu stören, werden keine Wehenfördernden und schmerzstillenden Medikamente verwendet
- Das Baby wird in die Familie und die vertraute Umgebung geboren.