Richtiges Lernen will gelernt sein. Zahlreiche Studien und Untersuchungen aus der Lernpsychologie geben einen Einblick in die Art und Weise, wie unser Gehirn arbeitet. Daraus lassen sich Empfehlungen für die Gestaltung der Lernprozesse bei Ihrem Kind ableiten. Wir verraten Ihnen, worauf es beim Lernen ankommt.
TiPP 1: DIE RICHTIGE TAGESZEIT
- Es ist wichtig, vor dem Lernen für geeignete Rahmenbedingungen zu sorgen. Unmittelbar nach dem Mittagessen oder dem ausgelassenen Toben sinkt die Konzentrationsfähigkeit. Der Lernzeitpunkt sollte also nicht direkt nach einer körperlichen Anstrengung liegen.
TiPP 2: PLATZ HERRICHTEN
- Richten Sie den Arbeitsplatz mit Ihrem Kind gemeinsam her.
- Störfaktoren wie Handys, Tablets oder Spielzeug müssen ausgeschaltet und aus dem Blickfeld geräumt werden.
TiPP 3: GEHIRN „AUSLEEREN“
Unter dem Begriff „Gehirn ausleeren“ versteht der Psychologe Dr. Giselher Guttmann eine Muskelan- und entspannung.
- Im Sitzen (ohne sich anzulehnen) runzelt man zunächst die Stirn, spannt dann die Gesichtsmuskeln an, anschließend die Arm- und Beinmuskeln und die Zehenspitzen. Am Ende sollte zwei Minuten lang mit geschlossenen Augen entspannt werden. Für manche Kinder haben sich auch Yogaübungen oder eine ruhige Musik bewährt.
- Ein einfache, aber effektive übung ist die „Denkmütze“: Ihr Kind zieht zunächst sanft mit Daumen und Zeigefinger die Ohren von innen nach außen. Das kann es mit beiden Händen und an beiden Ohren gleichzeitig tun. Dann werden die Ohren von oben bis nach unten zum Ohrläppchen hin mit leichtem Druck massiert. Ihr Kind sollte die übung fünfmal wiederholen. Die Massage verbessert die Konzentration und fördert die Gedächtnisleistung.
Egal für welche übung sich Ihr Kind entscheidet – lassen Sie daraus ein Ritual werden, das immer vor einer Lernphase durchgeführt wird. So findet Ihr Kind schneller in die Konzentrationsphase hinein.
TiPP 4: VORSTELLUNGS-COMICS SELBST GESTALTEN
- Manche Lerninhalte müssen auswendig gelernt werden, weil die dahinterstehenden Regeln für Kinder einfach nicht nachvollziehbar sind. Doch auch beim Auswendiglernen gilt: Je besser sie sich den Lerninhalt vorstellen können, desto eher bleibt er im Gedächtnis. Passend zum Stoffgebiet kann das Kind eine kleine Zeichnung anfertigen. Zum Beispiel können die Jahreszahlen der Türkenbelagerung miteinander tanzen oder ein Strichmännchen kann sich an dem „t“ des Wortes „sitzen“ anlehnen, während es auf dem „z“ sitzt.
TiPP 5: BEWEGTES LERNEN
Lernen in Bewegung ist vor allem dann sinnvoll, wenn es sich beim Lernstoff um Themengebiete handelt, die in erster Linie reproduziert werden sollen (z.B. das Einmaleins, englische Vokabel, Wörter mit einer Rechtschreibbesonderheit).
- Werfen Sie Ihrem Sprössling einen Ball zu, während Sie Englischvokabel abfragen.
- Oder nutzen Sie das Springschnurdiktat für das Einüben schwieriger Wörter: Dabei kleben Sie einen Zettel mit den Lernwörtern auf und lassen Ihr Kind die Wörter buchstabieren, während es dazu Springschnur springt.
- Für Rechenübungen wie das Erlernen des Einmaleins hängen Sie einen Zettel mit Aufgaben an die Kastentür im Kinderzimmer und kleben Lösungsstreifen an die Kühlschranktür. Lassen Sie dann Ihr Kind zu den einzelnen Aufgaben den jeweils passenden Lösungsstreifen holen und zuordnen.
TiPP 6: PAUSEN HALTEN
Eine Pause ist nach jeder intensiven Lernphase (etwa fünfzehn bis zwanzig Minuten) wichtig, um gelernte Inhalte speichern zu können.
- Ihr Kind kann in der Pause kurz aufstehen und etwas trinken oder Sie spielen wieder eine ruhige Musik.
- Auch eine Fußmassage mit Noppenbällen oder das Abklopfen des eigenen Körpers mit den flachen Händen können förderlich wirken.
- Zwei Minuten Entspannungszeit sind ausreichend. Schalten Sie während dieser Phase keinesfalls den Fernseher oder das Handy ein. Je ruhiger und ungestörter diese Entspannungszeit abläuft, desto gedächtnisfördernder ist der Effekt.
TiPP 7: LERNEN MIT KARTEIKARTEN
Bei allen gut gemeinten Ratschlägen müssen Sie sich darüber im Klaren sein, dass im Schnitt nur ein Fünftel des Gelernten im Gedächtnis bleibt. Das klingt frustrierend. Doch es gibt einen Weg, der Vergessenskurve entgegenzuwirken: Wiederholungen sind für das Gedächtnis wichtig. Beginnen Sie bereits in der Volksschule damit, Ihrem Kind das Prinzip eines Karteikastens näherzubringen. (Auch Informationen aus dem Sachunterricht lassen sich auf diese Weise gut abrufen und einüben.)
- Ein Karteikasten mit drei Fächern reicht dafür aus. In das erste Fach kommen alle Karteikarten, die täglich wiederholt werden. Konnte der Inhalt einer Karte erfolgreich aus dem Gedächtnis abgerufen werden, wandert diese Karte in Fach 2. Die Karten im zweiten Fach werden nur jeden zweiten Tag abgeprüft. Wurde der Lerninhalt der Karte erneut richtig wiedergegeben, so wird die Karte in das letzte Fach eingeordnet. Karten im letzten Fach werden nur einmal in der Woche angesehen.
TiPP 8: DAS FÜNF-ZEHN-ZWANZIG-PROGRAMM
Innerhalb einer Stunde soll der Lernstoff dreimal wiederholt werden:
- das erste Mal fünf Minuten nach dem Lernen,
- das zweite Mal zehn Minuten nach der ersten Wiederholung
- und das dritte Mal zwanzig Minuten nach der zweiten Wiederholung.
Auf diese Weise können Lerninhalte am effektivsten eingeprägt werden.
TIPP 9: WIEDERHOLUNGEN BITTE NICHT AM FRÜHSTÜCKSTISCH
Wissenschaftliche Untersuchungen haben gezeigt, dass Inhalte, die am Abend vor dem Einschlafen wiederholt werden, wesentlich besser im Gedächtnis bleiben als jene, die am Frühstückstisch eingeprägt werden.
- Der Grund dafür ist, dass Lernen am besten funktioniert, wenn danach nichts mehr getan wird oder – noch besser – wenn man danach einschläft.
TIPP 10: WER FRÜHER BEGINNT, LERNT LEICHTER
Für den Psychologen Dr. Guttmann ist eines klar: Zwei Wochen lang jeden Tag zehn Minuten zu lernen (also 140 Minuten) ist für den Lernprozess besser, als einmal in zwei Wochen 140 Minuten am Stück zu pauken.
- Daher lautet die Empfehlung, mit dem Lernen vor einer schwierigen Prüfung möglichst früh zu beginnen.
Autor:in:
Zur Person Marion Brugger ist ausgebildete Kindergartenpädagogin, Horterzieherin und Volksschullehrerin. Außerdem ist sie Verfasserin eines Buches zum Thema Begabungsförderung. Sie hat eine Tochter und unterrichtet an einer Volksschule in Wien.…