Mama, schau auf dich!
Mütter wirken meist unverwundbar und unermüdlich – die Familie geht immer vor. Wenn Hingabe zur Selbstaufgabe wird, kann dies aber ungesund werden. Denn auch Heldinnen haben ihre Achillesferse…
Der Sechsjährige hat gerade neue Einlagen für seine Senkfüße bekommen und für die „Große“ wurde ein Termin zur Zahnspangenanpassung vereinbart. Natürlich erst, nachdem man mehrere Termine beim Orthopäden, Bandagisten und lange Wartezeiten in der Ordination des Zahnarztes abgedient hatte. All das organisiert und stemmt die Dreifachmutter neben ihrem Job und sitzt nun abgehetzt mit dem Nesthäckchen im Wartezimmer des Kinderarztes, um dessen Zeckenschutzimpfung auffrischen zu lassen.
Irgendetwas ist eben immer und bei den medizinischen Checks geht’s eigentlich nie um Moms Gesundheit. Darauf zu achten hat sie schon vor Längerem aufgegeben. Dafür bleibt einfach keine Zeit und solange Mama für die liebe Familie wie ein Fels in der Brandung steht, kommt natürlich auch niemand auf die Idee, dass es für diese fordernde Aufgabe ganz besonders wichtig wäre, auf die eigene Gesundheit zu achten. Das wird meist erst schmerzlich klar, wenn Mama ernsthaft krank wird.
Hand auf’s Herz: „Wann warst Du beim Arzt?“
- Dabei sieht unser Gesundheitswesen ab dem 18. Lebensjahr eine jährliche Gesundenuntersuchung vor, bei der „frau“ sprichwörtlich auf „Herz und Nieren“ untersucht und auf persönliche Risikofaktoren wie Rauchen, Alkoholkonsum oder Übergewicht hingewiesen werden soll. Durch ein ausführliches Anamnesegespräch und die Auswertung von Blutwerten kann beispielsweise das Diabetesrisiko eingeschätzt und eine adäquate Therapie begonnen werden.
- Muttermalkontrollen beim Hautarzt, die der Früherkennung von Hautkrebs dienen, sollten ebenfalls einmal im Jahr im Kalender stehen
- und der Besuch beim Zahnarzt jährlich eingeplant werden.
- Jede Frau sollte jährlich einen Krebsabstrich beim Frauenarzt machen lassen
- und ab dem 45. Lebensjahr auch alle zwei Jahre zur Mammografie gehen.
Alle Vorsorgeuntersuchungen zielen auf die Früherkennung und Prävention von schwerwiegenden Krankheiten ab.
Krebsabstrich am Gebärmutterhals
Den sogenannten PAP-Abstrich macht der Frauenarzt im Rahmen einer gynäkologischen Untersuchung. Dafür wird die Scheide mit Hilfe eines Spekulums aufgespreizt und es werden mit einem kleinen Bürstchen oder Wattestäbchen Zellen vom Gebärmutterhals abgestrichen. Das Labor wertet die gewonnenen Zellen aus und klassifiziert sie in Risikogruppen.
Um ein möglichst aussagekräftiges Ergebnis des PAP-Abstrichs zu erhalten, sollte:
- der Zellabstrich idealerweise frühestens fünf Tage nach dem Ende der Monatsblutung durchgeführt werden
- und der letzte Geschlechtsverkehr mindestens zwei bis drei Tage zurückliegen.
Ausgelöst werden die Zellveränderungen, die letztlich zum Gebärmutterhalskrebs führen können, vom humanen Papillomavirus (HPV). Es wird durch Geschlechtsverkehr übertragen und macht sich durch keinerlei Symptome bemerkbar. In den meisten Fällen dauert die Entwicklung von der Ansteckung bis zum Gebärmutterkarzinom etwa zehn Jahre, sie kann in seltenen Fällen aber auch weniger als zwei Jahre betragen. Eine Impfung gegen das humane Papillomavirus gibt es zwar, sie bietet aber keinen absoluten Schutz und so wird auch geimpften Frauen empfohlen regelmäßig einen Abstrich vornehmen zu lassen.
Mammografie
Brustkrebs ist die häufigste Krebserkrankung bei Frauen und jährlich erkranken rund 5.000 Österreicherinnen daran. 2014 wurde daher das Präventionsprogramm „früh erkennen“ gestartet, das automatisch Frauen zwischen 45 und 69 Jahren zur Mammografie einlädt. Für sie ist die E-Card alle zwei Jahre für eine Mammografie freigeschaltet. Auch wenn durch die Untersuchung Brustkrebs nicht verhindert werden kann, erhöht die Früherkennung eines mitunter noch nicht tastbaren Knotens die Heilungschancen ganz erheblich.
Bei der Entstehung von Brustkrebs spielen viele Faktoren eine Rolle, die im Zusammenhang mit Brustkrebs erwähnt werden müssen:
- das Alter
- die hormonellen Situation sind es vor allem der
- Lebensstil
- und die ererbten Risikogene.
Frauen, die Kinder zur Welt gebracht und gestillt haben, senken ihr Risiko einer Erkrankung zwar ein wenig, einen absoluten Schutz bietet jedoch beides nicht. Der Verzicht auf Alkohol und vor allem auf Rauchen sowie ein gesundes Körpergewicht wirken sich hingegen deutlich positiv auf die Brustgesundheit aus.
Wenn die Realität uns einholt
„Mama ist plötzlich umgefallen!“ erzählt der Vierjährige Valentin ganz aufgeregt und es sei „mit tatütata“ die Rettung gekommen. „Als Mama im Rettungsauto gelegen ist, hat Papa mich in den Arm genommen und gesagt, dass Mama jetzt erstmal auf sich schauen muss!“
Was „auf sich schauen“ heißen soll, hat der Fünfjährige natürlich nicht verstanden. In seinen Ohren klang das eher komisch und er stellte es sich so vor, dass Mama lachend auf einer Wolke sitzt und sich selbst von oben betrachtet. Er zeichnete die kuriose Szenerie auf ein Blatt Papier und brachte das Bild seiner Mama ins Krankenhaus. Sie freute sich über die Kinderzeichnung, legte sie auf das Nachtkästchen und dachte zugleich, dass sie eigentlich auch längst nicht mehr wusste, was es heißt auf sich selbst zu schauen.
Dass Selbstfürsorge wie ein Fremdwort klingt und empfohlene Vorsorgeuntersuchungen im Familientrubel untergehen, davon können wohl viele Mütter ein Liedchen singen. Heute, fünf Wochen nach ihrem Zusammenbruch, sitzt die junge Frau nachdenklich in der Küche und trägt in den Familienplaner all ihre Vorsorgetermine ein. Bis dato standen dort sämtliche Schularbeiten und Abgabetermine – selbst der Termin zum Einbezahlen des Bastelbeitrages für den Kindergarten war in roten Lettern vermerkt und hatte Priorität. Heute nimmt die „Alltagsheldin“ ihre Gesundheitschecks und eine gesunde Portion Selbstfürsorge wichtiger als Schularbeiten und Elternsprechtage, Sommerfeste und Kindergeburtstage. Schließlich möchte sie noch ganz viele davon mit ihren Liebsten gemeinsam verbringen und nicht tatsächlich nur noch von einer Wolke aus zuschauen.
Magistra Barbara Wallner ist Kinder- und Jugendpsychologin im Landeskrankenhaus Mödling und in freier Praxis. All4family hat sie zum Thema Selbstfürsorge, Organisationsmanagement des Familienalltags und den Umgang mit schweren Krisen befragt und viele entlastende Antworten bekommen.
Was raten Sie Eltern, damit ihnen im Familienalltag nicht die Energie ausgeht?
Mag.a Wallner: Ein Stichwort, das in vieler Munde ist, ist Selbstfürsorge. Das klingt erstmal abstrakt, meint aber im Wesentlichen, dass die eigenen Bedürfnisse erfüllt werden sollten während der Alltag weiter läuft. „Während“ ist hier das Zauberwort. Lesen Sie beispielsweise Zeitung, wenn das Kind ein Mittagsschläfchen macht, oder gönnen sie sich etwas anderes, was Ihnen Spaß macht. Wenn dann wieder mehr Trubel herrscht, fahren Sie mit den Hausarbeiten fort oder spielen gemeinsam.
Eine Familie zu haben bedeutet auch einen Haushalt führen zu müssen und viel Alltagsmanagement. Wie findet man Unterstützung von allen Familienmitgliedern?
Mag.a Wallner: Jede Familie besteht aus Persönlichkeiten mit Talenten, Vorlieben und Begabungen. Das sollte man sich auch im Alltag zu Nutze machen. Eine gerechte Aufgabenverteilung ist selten jene, bei der alle alles machen müssen. Angenehmer läuft es, wenn jeder das macht, was er am besten kann und am liebsten tut. Die unliebsamen Aufgaben erledigen alle reihum.
Sollte man sich Freiräume schaffen und das Kind auch mal fremdbetreuen lassen?
Mag.a Wallner: „Es braucht ein ganzes Dorf, um ein Kind zu erziehen.“ Dieses nigerianische Sprichwort drückt wunderbar aus, wie wichtig ein starkes Netzwerk ist. Die Idee, dass mehrere Menschen in die Kindererziehung eingebunden sind, hat durchaus Berechtigung. Kinder profitieren davon, unterschiedliche Role Models zu erleben oder andere Gepflogenheiten zu erfahren. Die Auswahl der Betreuungspersonen ist entscheidend und je nach Alter des Kindes ist die passende Dauer und Form zu finden. Je jünger das Kind, umso eher braucht es eine 1:1 Betreuung.
Autor:in:
Zur Person: Katharina Wallner ist frei praktizierende Hebamme, Pädagogin und unterrichtet an der Fachhochschule Campus Wien am Studiengang Hebammen. Sie begleitet Familien von der Schwangerschaft bis ins Kleinkindalter. Aktuelle Artikel