Kindersitze haben sich in den vergangenen Jahren zu absoluten Hightech-Produkten entwickelt. Dementsprechend sieht man sich im Zusammenhang damit einer Unzahl von Fachausdrücken gegenüber. Wir haben die Spezialisten von Joie, einem der führenden Hersteller von Kindersitzen, ersucht, uns die wichtigsten Ausdrücke zu erklären.
KINDERSITZPFLICHT IN ÖSTERREICH
- In Österreich gilt für Kinder bis zu einem Alter von 14 Jahren und einer Körpergröße unter 135 cm die gesetzliche Verpflichtung, im Fahrzeug mit einem geeigneten Kinderrückhaltesystem gesichert zu sein. Dazu zählen Babyschalen, Kindersitze oder Sitzerhöhungen, die dem Gewicht und der Größe des Kindes angepasst sein müssen.
- Für Kinder unter 14 Jahren, die bereits 135 cm oder größer sind, reicht die Sicherung mit dem regulären Fahrzeuggurt aus. Experten empfehlen jedoch, Kinderrückhaltesysteme weiterhin bis zu einer Körpergröße von 150 cm zu verwenden, um den bestmöglichen Schutz zu gewährleisten.
KINDERSITZGRUPPEN
Die europäischen Prüfnormen ECE R44-04 und ECE R129 (i-Size) sind derzeit parallel gültig, jedoch dürfen seit dem 1. September 2024 keine neuen Kindersitze nach der älteren Norm ECE R44-04 mehr verkauft werden. Bereits vorhandene Sitze mit dieser Zulassung dürfen weiterhin genutzt werden.
Die Norm i-Size (ECE R129) gilt als moderner und sicherer, da sie Kindersitze nach Körpergröße einteilt, verpflichtende Seitenaufpralltests beinhaltet und eine rückwärtsgerichtete Beförderung bis mindestens 15 Monate vorschreibt.
Das orange Zulassungslabel am Kindersitz zeigt, nach welcher Norm der Sitz geprüft ist. Normen wie ECE R44-03 oder älter sind nicht mehr gültig und sollten nicht mehr verwendet werden.
ECE R44/04 orientiert sich bei der Gruppeneinteilung am Gewicht:
- Gruppe 0 geht bis 10 kg,
- Gruppe 0+ bis 13 kg,
- Gruppe 1 von 9 bis 18 kg,
- Gruppe 2 von 15 bis 25 kg,
- Gruppe 3 von 25 bis 36 kg.
Bei i-Size wird nach Größen eingeteilt. Besonders gängig sind folgende Kategorien:
- ab Geburt bis 75 oder 85 cm,
- ab Geburt bis 105 cm,
- 61 bis 105 cm und
- 100 bis 150 cm.
ECE R129 (I-SIZE)
Die neueste Prüfnorm will die Kindersicherheit weiter verbessern.
- Deshalb schreibt i-Size die Installation mit Isofix vor (ist weniger fehleranfällig),
- testet den Seitenaufprall (ein häufiges und verletzungsträchtiges Unfallszenario)
- und verwendet im Zertifizierungsprozess Dummys mit modernster Technik, die die Anatomie des Kindes noch besser abbilden.
ECE R44/04 ECE R44/04
- Dabei wird kein Seitenaufprall getestet, doch viele Hersteller arbeiten auf Eigeninitiative trotzdem mit Seitenprotektoren.
- Die Einteilung der verschiedenen Sitze erfolgt in Gruppen nach Gewicht.
BABYSCHALE
Die Babyschale ist für fast alle Familien unverzichtbar, weil sie nicht nur Autositz, sondern auch Transportmittel ist. Auf das Gewicht sollten Eltern daher ebenso achten wie auf die Befestigungsmöglichkeit (mit Basisstation oder Fahrzeuggurt). Besonders komfortabel und ergonomisch sind Babyschalen mit Liegefunktion für Auto und Kinderwagen.
REBOARDER
Im Reboarder fahren Kinder auch in der Nach-Babyschalen-Zeit rückwärtsgerichtet. Besonders bis zum zweiten Geburtstag ist dies deutlich sicherer. Es gibt drehbare Modelle, die das Anschnallen erleichtern, und solche, die auf der gleichen Basisstation wie die Babyschale befestigt werden. Viele Reboarder lassen sich außerdem umdrehen, wenn das Kind groß genug ist.
FANGKÖRPERSITZ
Fangkörpersitze kommen vorwärtsgerichtet ab 9 kg zum Einsatz. Sie sind vor allem dann als Alternative zum Reboarder zu empfehlen, wenn wenig Platz im Auto vorhanden ist, dem Kind beim rückwärtsgerichteten Fahren übel wird, oder als Zweitsitz. In jedem Fall sollten Eltern vor dem Kauf testen, ob das Kind den Fangkörper akzeptiert.
FOLGESITZ
Meistens werden Kindersitze der Gruppe 2/3 (15 bis 36 kg) bzw. i-Size ab 100 cm als Folgesitze bezeichnet.
Die Nutzungsdauer ist mit zirka acht Jahren sehr lang. Daher sollte ein Folgesitz robust sein und im Idealfall in Höhe, Breite und Tiefe mitwachsen. Besonders komfortabel sind Modelle mit Memoryschaum und einer Ruheposition für längere Fahrten.
PASSFORM
Ein Kindersitz schützt nur dann optimal, wenn er gut zum Kind passt. Ein Probesitzen beim Händler ist daher unbedingt empfehlenswert. Durch verschiedene Höheneinstellungen lassen sich Kopfstützen und Gurtsysteme immer korrekt ausrichten, mehrteilige Neugeboreneneinlagen oder Keilkissen ermöglichen eine individuelle Anpassung.
INSTALLATION
Untersuchungen zeigen, dass mehr als die Hälfte aller Kindersitze falsch installiert wird und damit nicht richtig schützen kann. Daher sollten sich (werdende) Eltern unbedingt im Fachhandel beraten lassen und einen Probeeinbau vornehmen. Kindersitze mit Isofix haben den Vorteil, dass sie sich einfacher und schneller richtig befestigen lassen.
ISOFIX
Isofix ist ein standardisiertes Befestigungssystem für Kindersitze, bei dem der Sitz fest mit der Karosserie des Fahrzeugs verbunden wird. Spezielle Isofix-Konnektoren am Sitz rasten mit Schnappverschlüssen an den Isofix- Verankerungspunkten ein. Die Vorteile sind eine geringere Fehleranfälligkeit beim Einbau und mehr Stabilität.
STÜTZFUSS
Der Stützfuß ist Teil der Basisstation. Ausgeklappt steht er direkt auf dem Fahrzeugboden und leitet bei einem Unfall die Aufprallenergie in den Fahrzeugboden ab. Bei Fahrzeugen mit Staufächern dürfen Sitze mit Stützfuß nur mit Staufachfüllern zum Einsatz kommen. Farbindikatoren am Stützfuß erleichtern die richtige Installation.
TOP TETHER
Bei einem Top Tether handelt es sich um einen speziellen Haltegurt, der an zusätzlichen Verankerungspunkten im Fahrzeug – meist an der Rücksitzlehne oder im Kofferraum – befestigt wird. Der Haltegurt, der sich oben an der Rückseite des Kindersitzes befindet, minimiert im Falle eines Frontalcrashs die Vorverlagerung des Sitzes und damit die auf das Kind einwirkenden Kräfte.
BASISSTATION
Eine Basisstation wird mit Isofix oder dem Fahrzeuggurt fest im Auto installiert. Der dazugehörige Sitz (Babyschale oder Reboarder) lässt sich mit einem Klick befestigen. Vorteile sind das geringere Fehlbedienungsrisiko und die Zeitersparnis im Alltag. Bei einem modularen Kindersitzsystem passen Babyschale und Reboarder zudem auf die gleiche Basisstation.
SEITENAUFPRALLSCHUTZ
Seitliche Kollisionen sind ein häufiges Unfallszenario. Nicht zuletzt deshalb wird der Seitenaufprall bei der neuen i- Size-Norm getestet. Spezielle Seitenprotektoren, die sich zur Fahrzeugtür hin ausklappen lassen, tragen enorm zur Kindersicherheit bei und sollten ein wichtiges Auswahlkriterium bei der Wahl des Kindersitzes sein.
Autor:in:
Zur Person Mag. Claudia Ohnesorg-Csik studierte Handelswissenschaften an der WU Wien. Ist Mutter von zwei Töchtern. Sie ist für die Online Redaktion zuständig und verantwortet die Social Media Präsenz. Aktuelle…