Als Arbeitshypothese steht über dieser Artikelserie die Überlegung, dass wir verlernen, Kunst in ihrer tatsächlichen Qualität wahrzunehmen. Am augenscheinlichsten ist dies bei Bildern und Musik der Fall. Beide sind dank allgegenwärtigen Handys jederzeit verfügbar, aber wir gewöhnen uns daran, sie nur sehr oberflächlich wahrzunehmen. Die Frage dazu: Wie kann man Kindern die Fähigkeit vermitteln, Kunst – in diesem Fall Musik – wieder wirklich zu erleben?
Was liegt näher, als sich einen Gesprächspartner zu suchen, der vom Hören und speziell von den Feinheiten des Hörens – so unser heutiges Thema – sehr viel Ahnung hat. Gefunden haben wir Robert Rothleitner. Er ist ein Spezialist, manche sagen auch beinahe eine Institution, in Sachen Hifi und beschäftigt sich berufsbedingt wie auch aus Leidenschaft mit dem Thema Musikhören.
Seine Erfahrung beruht nicht nur auf den 25 Jahren Tätigkeit in seinem Hifi-Geschäft audioperfect in Wien, sondern er baut auch selbst Lautsprecher, und das nicht nur für sich, sondern unter der Marke Ichos für Kunden auf der ganzen Welt. Dazu aber später mehr, denn österreichische Erfolgsgeschichten, die um die Welt gehen, sollte man durchaus näher vorstellen. Schließlich sind sie nicht ganz selbstverständlich, und abgesehen davon, dass sie unserer österreichischen Seele guttun, dürfen sie auch als kleiner Wegweiser für unsere Kinder dienen.
Wo kann man diesbezüglich ansetzen?
Robert Rothleitner:
Die schönsten Momente in meinem Beruf bescheren mir jene Kunden, die tatsächlich zum ersten Mal erleben, wie Musik klingen kann. Viele kennen oft nur den klanglichen Abklatsch einer Gitarre oder Geige. Erstmals die Lebendigkeit und das Frequenzspektrum eines Instrumentes zu erleben, ist ein magischer Moment, der anfangs durchaus auch überfordern kann. Unser Gehirn hat die unglaubliche Fähigkeit, feinste Nuancen und Töne zu erkennen. Dies ist aber eine Fähigkeit, die man durch Übung erwerben muss – beinahe wie Radfahren, das klappt meistens auch nicht beim ersten Versuch.
Viele Streamingdienste bieten ihre Musik in MP3-Qualität an, was aufgrund der geringen Datenmenge vorteilhaft scheint. Die Kehrseite der Medaille ist aber, dass das musikalische Erlebnis zum Teil verloren geht. Fette Bässe sind bei der Wiedergabe kein Problem. Die Seele der Musik liegt aber in den Details und die sind zu einem guten Teil der uneingeschränkten Verfügbarkeit geopfert worden.
Worin liegt der Zusammenhang mit deiner Profession?
Robert Rothleitner:
Je besser das Hifi-System, desto näher kommst du der musikalischen Idee und vor allem auch dem Künstler selbst. Man muss sich vorstellen, dass hier eine Reihe von Enthusiasten am Werk waren, die eine musikalische Idee vermitteln wollten: vom Instrumentenbauer über den Komponisten, den Interpreten bis hin zum Toningenieur, der das Ganze aufgezeichnet hat.
Das Erlebnis, in deren Welt einzutauchen, die handwerkliche Kunst wie auch das künstlerische Erlebnis zu teilen, ist genau das, was man Kindern möglichst früh mitgeben sollte – oder zumindest sollte man ihnen die Chance geben, diese Welt für sich zu eröffnen. Die Entscheidung, ob sie dies tun wollen, liegt sowieso bei den Kindern selbst, aber für das Eröffnen der Chance sind wir Eltern verantwortlich. Wer – zumindest ansatzweise – Musik nicht nur als Hintergrundkulisse empfindet, sollte sich einmal Zeit nehmen, seinen bevorzugten Künstler in Ruhe und in bestmöglicher Qualität zu hören. Dann weiß man auch sehr schnell, ob man selbst diese Leidenschaft für Musik empfindet. Man spricht gerne von Hifi-Freaks und ihren teuren Anlagen. Am Ende sind es aber Musikfreaks, die der Magie ein kleines Stück näherkommen wollen.
Mit dem sogenannten Back-loaded Horn-System wird der Bass zum Boden abgestrahlt und macht so die Aufstellung unproblematisch. Weiters werden die Lautsprechermembranen mit traditionellen Geigenbaulacken behandelt, um einen natürlichen Klang zu erzielen … und das alles „Made in Austria“.
Lautsprecher – Made in Austria
Aus einer Unzufriedenheit mit dem preislichen und qualitativen Angebot heraus begann Robert Rothleitner ursprünglich Lautsprecher für den Eigenbedarf zu entwickeln. 30 Jahre später rief er die Marke Ichos ins Leben und exportiert seither hochwertige Hifi-Lautsprecher in alle Welt. Eine Erfolgsgeschichte Made in Austria.
Das technische Rüstzeug erwarb Rothleitner durch seine ursprüngliche Ausbildung zum Maschinenbauingenieur. Basierend darauf und auf der Leidenschaft für Musik folgten eine Vielzahl von Konzepten, Konstruktionen und Optimierungen. Das ergänzende wirtschaftliche Branchen-Know-how holte er sich über zwei Jahrzehnte im eigenen Hifi-Geschäft audioperfect. Im Jahr 2014 stand dann das erste Lautsprechermodell unter dem Namen Ichos bereit. Dessen Name übrigens aus dem Griechischen stammt und „Klang“ bedeutet.
Wenn man Robert Rothleitner heute nach seinem Erfolgsrezept fragt, reduziert er die Antwort trocken auf drei Punkte:
- Individualität,
- eine Qualität Made in Austria
- und persönlicher Kundenkontakt.
Die technische Individualität wird durch einige Details auch für den Laien schnell nachvollziehbar. Insider wissen mit dem Ausdruck Hornlautsprecher sicher etwas anzufangen. Das Wesentliche sind aber die spezielle, über lange Versuchsreihen optimierte Form, der Einsatz unterschiedlichster Hölzer und die abschließende Behandlung mit speziellen Ölen und Lacken, wie sie im klassischen Instrumentenbau verwendet werden. Dieses Verfahren vermeidet bei hohen Frequenzen Bündelung und Verzerrungen und ist einer der Gründe für den vielgepriesenen transparenten und seidigen Klangcharakter. Individualität wird aber auch in Bezug auf Kundenwünsche gelebt. So erhält jeder Kunde auf Bestellung ein Custom-Made-Modell, das heißt, die Farbe und andere Details können je nach Wunsch angepasst werden.
Made in Austria ist ebenso wesentlicher Bestandteil der Philosophie. Die Produktion erfolgt ausschließlich in Handarbeit und bemerkenswerterweise tatsächlich noch in Österreich. Dabei verbindet steirische und Kärntner Tischlerarbeit unterschiedlichste, natürlich nach klanglichen Kriterien ausgewählte Holzarten mit minimalen Toleranzen. Letztendlich dient der technische Aufwand aber nur dem definierten Ziel, das, was im Studio oder auf der Bühne aufgenommen wurde, möglichst genau so wiederzugeben, wie es von den Musikern gedacht war – in aller Natürlichkeit und Lebendigkeit.
Der dritte angeführte Punkt, der persönliche Kundenkontakt, klingt im ersten Moment ein bisschen wie eine Phrase. Wenn internationale Medien, die Ichos-Lautsprecher wiederholt getestet haben, aber berichten, dass Robert Rothleitner seine Produkte immer wieder persönlich vorstellt, wird auch dieser Punkt nachvollziehbar. Auch das fällt ja möglicherweise unter die Qualitäten Made in Austria.
Robert Rothleitner und Ichos stehen repräsentativ für eine Vielzahl österreichischer Hifi-Hersteller, die einer breiten Öffentlichkeit wahrscheinlich unbekannt sind, die aber zwei österreichische Tugenden erfolgreich miteinander verbinden: nämlich ein kulturelles – in diesem Fall musikalisches – Erbe zu pflegen und dazu eine handwerkliche Qualität anbieten zu können, die bekanntlich im Ausland oft mehr Anerkennung findet als im Heimatland.
So gesehen klingt „I am from Austria“ auf der ganzen Welt ziemlich gut.
Plattenspieler sind der offensichtlichste Ausdruck einer Gegenbewegung: bewusstes Zuhören statt musikalische Dauerberieselung.
Autor:in:
ZUR PERSON Geschäftsführer von taco media, Herausgeber von NEW MOM, all4family & COOL DAD. Chefredakteur von COOL DAD.