Als ich meine Frau das erste Mal beim Stillen unseres Sohnes beobachtete, war das einer der wundervollsten Augenblicke, die ich je gesehen hatte. Ich kam nicht umhin, eine gewisse Veränderung an der Oberweite meiner Liebsten zur Kenntnis zu nehmen. „Schatz, du hast einen Megabusen bekommen!““Na ja, etwas größer ist er geworden“, meinte meine Frau, „aber angeblich stehen Männer auf eine große Oberweite, oder nicht?“
Die tollste Erfindungen von Mutter Natur?
Nun, wie üblich fällt es mir schwer, meine Meinung im Namen aller Männer kundzutun. Ich persönlich glaube, einen Atombusen, wie ihn zum Beispiel die selige Lola Ferrari sowohl physisch als auch psychisch vor sich her schleppte, empfinden die meisten Männer nicht als erotisch, sondern eher als grotesk. Aber, um den Volksmund zu zitieren, ein wenig Holz vor der Hütte wird vom Durchschnittsmann durchaus wohlwollend aufgenommen. Doch Geschmäcker und Ohrfeigen sind verschieden. Einigen wir uns darauf: Egal, ob groß oder klein, der Busen ist eine der großartigsten Erfindungen von Mutter Natur!
Das Wippen an den weiblichen Rippen besteht – anatomisch gesprochen – zum größten Teil aus Fett- und Bindegewebe, zum kleineren aus Milchdrüsen. In erster Linie dient die Mamma, so der lateinische Name, dazu, den Hunger des neugeborenen Nachwuchses zu stillen (weshalb der Mensch auch zur Klasse der Säugetiere gezählt wird). Frühere Kulturen brachten die Brust mit übernatürlichen Kräften in Verbindung. Prähistorische Venusfiguren, wie zum Beispiel die Venus von Willendorf mit Körbchengröße 130G, waren mit großer Sicherheit Fruchtbarkeitssymbole. In der römischen Mythologie wurde die Brust der Göttin Juno als unerschöpfliche Nahrungsquelle verehrt; so üppig schoss ihre Milch hervor, dass sich aus den unzähligen Tröpfchen die Milchstraße bildete.
Doch schon der Koran wusste: Die Brust nährt das Kind und erfreut den Vater. Warum übt der Busen eine fast unheimliche Faszination auf Männer aus?
Ist der Busen eine Art „Ersatz-Po“?
Der britische Verhaltensforscher Desmond Morris meint die Antwort zu kennen. Nach seiner (umstrittenen) These habe die Erotisierung der weiblichen Brust mit dem aufrechteten Gang begonnen. Das Hinterteil als wichtigstes Locksignal, als Einladung zum Sex, sei, da es sich nicht mehr in unmittelbarer Augenhöhe befand, verloren gegangen. Flugs formte Mutter Natur auf der Vorderseite des Weibchens zwei Halbkugeln und schuf damit eine Art „Ersatz-Po“, der sich mehr oder weniger wieder in Augenhöhe befand. Das Männchen hatte erneut einen optischen Schlüsselreiz; so zu sagen einen Anhaltspunkt – und das im wortwörtlichsten Sinne!
Denn anders als bei allen anderen Lebewesen spielt der Busen beim Liebesspiel eine zentrale Rolle. Männer wollen ihn nicht nur sehen, sondern auch berühren, ihn streicheln, ihn küssen, und was es sonst noch so an haptischen Vergnüglichkeiten gibt. Was steckt hinter diesem manchmal fast übermächtigen Verlangen?
Wieso sind Männer dem Busen so hingezogen?
Die meisten Verhaltensforscher interpretierten diese Lust an der Berührung vor allem als Überbleibsel aus der Babyzeit. Je weniger Mann gestillt wurde, desto busenfixierter sei Mann. Diese Theorie ist mittlerweile ziemlich umstritten. Die gegenwärtige Wissenschaft neigt eher zu der Ansicht, die Brust sei so etwas wie ein „Hot spot“ der weiblichen Anatomie. Darf Mann eine Frau dort berühren, hat Mann sie erobert.
Aber vielleicht lautet die simple Wahrheit: Männer müssen einfach alles antatschen. Oder um den Filmkomiker Steve Martin zu zitieren: „Gut, dass ich keine Frau bin. Ich würde den ganzen Tag nur vor dem Spiegel stehen und mit meinen Brüsten spielen!“ Verständlich, denn diese beiden sanften Hügeln fühlen sich verdammt gut an. Welch wichtige Rolle Hautkontakt beim sexuellen Vergnügen spielt, muss nicht extra erwähnt werden. Dazu produzieren kleine Drüsen in den Brustwarzen auch Pheromone: sexuell anregende Duftstoffe, die vom Mann unbewusst wahrgenommen werden und in ihm den Tiger wecken!
Wie viel Einfluss haben die Männer?
Im Laufe der Jahrhunderte definierte die Form der Brust den Begriff der weiblichen Schönheit. Allerdings waren es meistens die Männer, die ihren Frauen vorschrieben, wie ihr Busen auszusehen hatte, wie sie ihn tragen und wie viel sie herzeigen durften. Und zumindest in der europäischen Geschichte kristallisierte sich klar heraus: Je verklemmter die Männer, desto mehr mussten die Frauen ihre Oberweite einklemmen!
Zwar gingen im antiken Griechenland und Rom nur noch die Sklavinnen oben ohne, doch in der Kunst wurde der Busen oft und gern in seiner ganzen Schönheit verherrlicht. Diese Einstellung änderte sich im Mittelalter mit dem verstärkten Einfluss des Christentums. Denn der Anblick einer Frauenbrust führt unmittelbar zur Fleischeslust, zur Sünde, und das war Teufelswerk. Einzige Ausnahme: Das Stillen wurde geradezu als heilige Handlung hochstilisiert. Viele mittelalterliche Bilder zeigen die Jungfrau Maria, wie sie dem Jesuskind ihre nackte Brust reicht; sie nährt den Sohn Gottes und damit auch die gesamte Christenheit. Deshalb ist die weibliche Brust nur in diesem Zusammenhang rein und unschuldig. Diese Verteufelung hielt bis zum 17. Jahrhundert an. Ehrbare Spanierinnen pressten sich mit Bandagen und Holzplatten ihre Oberweite so platt, dass sie unerträgliche Schmerzen litten. Erst zur Zeit der Aufklärung, ausgehend vom französischen Hof als Trendsetter, wurde Europa liberaler: Jetzt präsentierten die Frauen ihre Dekolletes als Blickfang. Das Stillen wurde als unerotisch empfunden. Ein kleiner Busen war das Zeichen von Wohlstand; um ihn zu behalten, wurden von den Frauen der Oberschicht Ammen engagiert – was wiederum bedeutete, dass ein großer Busen zum Symbol für die Unterschicht, für Armut wurde.
Der befreite Busen?
Der Sinneswandel kam mit Jean Jacques Rousseaus Buch „Emil“. Der Philosoph plädierte darin für das Stillen des eigenen Kindes. Er meinte, die Bindung von Mutter und Kind würde dadurch enger werden, und das wiederum sah er als Basis für eine gesellschaftliche Erneuerung an – ein Gedanke, der sich bis in die Französische Revolution hielt. Die reine Milch der liebenden Mutter bildete das Gegenteil zur schlechten Milch des alten Adelsregimes, das ihre Kinder lieber von Fremden ernähren ließ. Der befreite Busen stand in dieser Zeit und vor allem danach im 19. Jahrhundert für ein befreites Volk.
Mit der Freiheit des Volkes war es im Nationalsozialismus nicht weit her; aber Stillen sollte die deutsche Frau weiterhin – und das möglichst oft, denn der Führer brauchte Soldaten. In der Propaganda des Naziregimes stand die stillende Mutter im Vordergrund – keusch, aufopferungsbereit und unerotisiert. Die Trendwende vollzog sich mit der sexuellen Revolution in den 70ern. Freiheit für die Brüste, lautete die Devise, und Büstenhalter wurden als Symbol der Einengung öffentlich verbrannt. Oben ohne, am Strand, aber auch in den Medien, wurde modern. Im 21. Jahrhundert herrscht Freiheit wie selten zuvor – oder doch nicht? Während es einerseits fast schon als normal gilt, sich mit Silikon eine perfekte Oberweite basteln zu lassen und diese bei jeder Gelegenheit ins rechte Licht zu rücken, bekam andererseits halb Amerika einen kollektiven Herzinfarkt, weil Janet Jackson beim Super-Bowl einen Brustnippel aufblitzen ließ. Wie dem auch sei, eines ist gewiss: Mit keinem anderen Teil ihrer Anatomie verbinden Frauen ihre weibliche Identität so stark wie mit dem Busen. Kein Wunder, schließlich ist er einer der erogensten Zonen im weiblichen Körper. Bei Erregung vergrößert sich sein Volumen um bis zu 25 Prozent. Die Durchblutung steigert sich, die Haut und die Brustwarzen werden für Berührungen empfindlich und leiten die Impulse über feine Nervenbahnen direkt an die Sexualorgane weiter.Manchmal sogar auch direkt an die männlichen!
Autor:in:
Zur Person Mag. Claudia Ohnesorg-Csik studierte Handelswissenschaften an der WU Wien. Ist Mutter von zwei Töchtern. Sie ist für die Online Redaktion zuständig und verantwortet die Social Media Präsenz. Aktuelle…