Muss man bei Kameras immer das neueste Modell haben? Die Gegenstrategie wäre, bei der DSLR auf ein Vorgängermodell zurückzugreifen und das Geld beispielsweise in ein Topmodell mit Vollformatsensor zu investieren. Oder wurden vor drei Jahren schlechtere Fotos gemacht, weil die Technologien noch nicht so ausgereift waren? Sehr unwahrscheinlich.
Seit im Herbst 2012 die Vollformat-DSLRs auch für Amateure in finanzielle Reichweite rückten, geisterte vor allem die Nikon D600 an Herrenabenden und bei ähnlich elitären Veranstaltungen durch die Gespräche. Im folgenden Artikel wollen wir (vor allem emotionale) Argumente fürs fotografische Aufrüsten liefern.
Eine neue Gewichtsklasse
Will man einen großen Bildsensor – und darum geht es ja -, dann braucht dieser auch ein größeres Gehäuse, ein größeres Objektiv … und schon hat sich das Gewicht im Vergleich zu einer Einsteiger-DSLR fast verdoppelt. In jedem Fall sollte man die bevorzugte Kombination aus Gehäuse und Objektiv beim Händler seines Vertrauens einmal ein paar Minuten lang probestemmen. Andererseits liegt die D600 aufgrund ihrer Größe deutlich besser in der Hand als jede kleine Einsteiger-DSLR. Deswegen noch einmal: ausprobieren!
Bedienung
Das Handbuch der D600 ist gut 350 Seiten stark. Wer schon einmal eine DSLR in Verwendung hatte, wird sich – zumindest für den Einstieg – leicht auch ohne den Wälzer zurechtfinden. Die Bedienung orientiert sich eher an der Consumerklasse denn an der Profiliga, was sicher nicht von Nachteil ist. Grundsätzlich gilt: Je höherwertiger die DSLR, desto mehr Bedienelemente bekommt man … und damit einen einfacheren und schnelleren Zugriff. Für die D600 bedeutet das: sehr hochwertig = viele Bedienelemente = weniger in Menüs graben. Der Zugriff auf alle wesentlichen Funktionen erfolgt direkt, und das bringt einfach mehr Spaß beim Fotografieren!
- TIPP: Wer sein Handbuch immer dabei haben möchte, ohne ein weiteres Teil mit sich schleppen zu müssen, überspielt es im PDF-Format einfach auf sein Smartphone!
Bemerkenswertes
- Prädiktat „Wertvoll“
Derzeit spendiert allein Nikon Vollformat-DSLRs einen integrierten Blitz – ideal, um schnell einmal das Gesicht im Vordergrund aufzuhellen. Wer möchte schon ständig ein zusätzliches großes Blitzgerät herumtragen? - Wahre Größe
24 Megapixel auf einem Vollformatsensor lassen sich einfach in besserer Qualität vergrößern als alles, was von einem kleineren APS-C-Sensor kommt. Wählt man Ausschnitte eines Bildes und vergrößert diese oder lässt auch einmal ein Poster drucken, wird man eindeutig bessere Ergebnisse erhalten. - Reserven, Reserven, Reserven
Ob man nun seine Kids beim Reiten fotografiert (in unserem Fall der fotografische Super-GAU mit schneller Bewegung in dunkler Halle) oder bei einem Abendspaziergang die spezielle Stimmung der Lichter einfängt: Bei derartigen Gelegenheiten zeigt das Vollformat durch weniger Bildrauschen und Abbildung von mehr Details trotz hoher ISO-Werte seine wahre Stärke. Spaßfaktor garantiert … ebenso wie die Chance, unwiederbringliche Momente auch unter widrigsten Bedingungen in überzeugender fotografischer Qualität für die Ewigkeit festzuhalten.
Objektiv sein ist alles
Die meisten Fotografen aus unserer Liga – also begeistert, aber nicht ständig mit komplett ausgestattetem Fotorucksack bewaffnet – reisen typischerweise ohne Mehrfachausstattung an Objektiven. Vor allem für Reisen brauchen wir daher ein Objektiv, das alles kann, also Weitwinkel- bis Telebereich abdeckt. Den „Alleskönnern“ eilt aber generell der Ruf voraus, dass sie nichts wirklich gut können. Ob das auch auf Objektive zutrifft? Um das herauszufinden, haben wir zwei Objektive verglichen, die wir in preislicher Reichweite vermuten: nämlich das Kitobjektiv 24-85 mm, das man günstig zusammen mit der D600 erwerben kann, und das Universalzoom 28-300 mm, gerne auf den Schlachtfeldern der Fachmagazine zerrissen.
- Die gute Nachricht: Für unsere Einsatzzwecke – also als Universalobjektiv für die Reise und möglicherweise auch als einziges Objektiv – empfiehlt sich das 28-300-er zweifellos. Unter normalen Umständen wird nämlich niemand ein Foto so stark vergrößern, dass die Qualitätsunterschiede merkbar zu Tage treten. Allerdings sollte man sich, wie schon erwähnt, einmal einen Eindruck von Größe und Gewicht machen. Die Kombination ist nichts für Schwächlinge … Aber wer von uns ist das schon!
Playdoyer fürs Vollformat
Unsere Autos sollen genug PS haben, um einen Jumbo-Jet zu ziehen, unsere Bohrmaschinen so viel Kraft, dass sie Stahlbeton wie Butter durchdringen, und unsere Fotoapparate müssen eine Bildqualität bieten, die dem berühmten Centerfold – der Mittelseite – jedes Hochglanzmagazins dieser Welt gerecht wird. Warum? Lassen Sie sich nicht auf den Versuch von Erklärungen ein. Hier geht es um unsere persönliche Souveränität, jeder Situation gewachsen zu sein … Die uns lieben, werden diesen Traum respektieren. Vollformat ist meist die philosophisch-religiöse Komponente des Fotografierens. Man muss vorbehaltlos daran glauben, nur dann lebt man den Traum.
Final Last Words
Über die Qualität von Nikon – und generell von Geräten dieser DSLR-Preisklasse – braucht man nicht zu sprechen. Die Unterschiede liegen hier rein im messtechnischen Bereich, werden in unserer Praxis aber keine Rolle spielen. Was es doch zu bemerken gilt: Die Nikon D600 ist aktuell die preisgünstige Vollformat-DSLR auf dem Markt. Dazu spendiert nach wie vor nur Nikon der Vollformat-Liga einen integrierten Blitz, und es gibt eine exzellente Auswahl an Objektiven. Insbesondere empfohlen sei hier das getestete 28-300mm-Universalzoom. Unter dem Strich bleiben diese speziellen Features das Entscheidungskriterium … neben der ganz persönlichen, subjektiven Bewertung, wenn man die D600 einmal selbst in der Hand hält.
Facts
- CMOS-Sensor, 35,9 x 24,0 mm, 24,3 Mio Pixel (Nikon-FX-Format, Vollformat)
- Verschlusszeit: 30 Sek.-1/4.000 Sek.
- ISO: 100-25.600
- Autofokus: 39 Messfelder (davon 9 Kreuzsensoren)
- Full-HD-Video: 1920 x 1080 / 30 Bilder/Sek.
- Abmessungen: 141 x 113 x 82 mm, 850 g ohne Objektiv
- AF NIKKOR 24-85 mm 1:2,8-4D: 545g,
- AF-S NIKKOR 28-300mm f/3.5-5.6G ED VR: 800g
Autor:in:
ZUR PERSON Mag. Kurt Ohnesorg ist Herausgeber von NEW MOM, all4family und COOL DAD. Vater von zwei Töchtern. Wenn er die Zeit dazu findet, schreibt er Artikel, die sich vor…