Sind erkrankte Kinder zu Hause gut betreut?
Der Verein KiB children care hilft Familien dabei, den Alltag in schwierigen Zeiten zu bewältigen. Und das mit Spontaneität, Einsatz und viel Herzblut.
Sonntagabend. „Mama, ich habe Halsweh!“, jammert der vierjährige Lukas. Seine Mama Lisa holt das Fieberthermometer. 38,2 °C. „Dann musst du morgen vom Kindergarten zu Hause bleiben. Ich kann aber bei dem wichtigen Meeting in der Arbeit nicht fehlen. Und Papa ist ja auf Dienstreise in Köln.“ Eine Situation, die Lisa vor einiger Zeit noch zur Verzweiflung gebracht hätte, lässt sie nun ganz entspannt zum Mobiltelefon greifen. „Hallo, guten Abend, ich bräuchte für morgen von 7 bis 15 Uhr jemanden, der auf meinen vierjährigen Sohn aufpasst.“ Ein Wunschtraum? Nein, es ist vielmehr eine reale Möglichkeit für Mitglieder des Vereins KiB children care „Initiative notfallmama“.
Vor über 30 Jahren zunächst als Unterstützungsverein für die Begleitung kranker Kinder ins Krankenhaus ins Leben gerufen, kam 1998 die Idee der Notfallmama hinzu. Dies ist eine Betreuungshilfe für kurzfristig erkrankte Kinder, die während der Arbeitszeit ihrer Eltern zu Hause betreut werden müssen. Denn so wie Lisa geht es vielen Müttern, die Berufstätigkeit und Kind unter einen Hut bringen müssen.
„Auch wenn Omas, Opas und NachbarInnen grundsätzlich mithelfen und Eltern gut organisiert sind, gibt es immer wieder unvorhergesehene Situationen, wo spontan Hilfe notwendig ist“, erklärt die Bundeskoordinatorin des Vereins, Manuela Schalek.
Wird eine reine Betreuungsperson gebraucht?
Wenn die Notfallmama eintrifft, wird gemeinsam mit der Mutter oder dem Vater eine Checkliste mit den Dingen ausgefüllt, auf die die Notfallmama Rücksicht nimmt, etwa Nahrungsunverträglichkeiten. Auch eine Liste mit Notfallkontakten darf nicht fehlen. Sobald die Tür hinter den Eltern ins Schloss fällt, ist die Notfallmama ausschließlich für die zu betreuenden Kinder da.
„Es wird gespielt und gebastelt, und es werden Bücher vorgelesen und gezeichnet. Sie richtet eine kleine Jause oder wärmt Essen auf. Die Kinder lieben die Stunden mit der Notfallmama. Wann hat schon jemand ausschließlich Zeit für das Kind! Notfallmamas sind also reine Betreuungspersonen, keine Haushaltshilfen.“
Wie wird man Notfallmama?
„Alles, was auch eine Nachbarin hinsichtlich Kinderbetreuung erfüllen könnte, das sind die Aufgaben einer Notfallmama“, erklärt Frau Schalek. „Die beste Voraussetzung ist es, selbst Mama oder Oma zu sein. Wir haben auch viele Notfallmamas, die entweder mit Kindern gearbeitet haben, beispielsweise pensionierte Kinderpädagoginnen oder Kinderkrankenschwestern, oder in einschlägigen Berufen in Ausbildung sind.“
BewerberInnen müssen ein Erhebungsblatt über ihre Verfügbarkeit und ihre Möglichkeiten ausfüllen und ihren Strafregisterauszug einreichen. Anschließend werden sie zu einem persönlichen Kennenlerngespräch eingeladen. Erst wenn diese drei Schritte positiv erledigt sind, wird eine Notfallmama oder ein Notfallpapa in die Kartei aufgenommen.
- Notfallmamas bekommen eine Aufwandsentschädigung von 5 bis 8 € pro Stunde. Viele arbeiten jedoch ehrenamtlich.
- Es gibt österreichweit auch einige wenige Notfallpapas, diese werden allerdings nicht so häufig gebucht.
Woher kommen Notfallmamas im Bedarfsfall?
„Sie sind im Verein KiB in einem österreichweiten Netzwerk organisiert. Geht ein Anruf mit der Bitte um Hilfe bei uns ein, kontaktieren wir alle Notfallmamas aus dem Umkreis von 35 km. Bei Zusage einer Notfallmama leiten wir die Kontaktdaten an die Familie weiter, die Hilfe braucht. Wir fungieren also als Netzwerker,“ erklärt die Bundeskoordinatorin.
Hans Jonas (Philosoph): „Wie wir mit den Kindern heute umgehen, das wird die Welt von morgen prägen.“
Welche Voraussetzung gibt es, um das „Notfallmama“- Service in Anspruch zu nehmen?
- Notfallmamas, die selbst Mitglied im Verein sind, kommen zu Mitgliedsfamilien.
- Der monatlich zu bezahlende Tarif beträgt 14,50 € pro Monat und Familie.
- Die Kosten, die für die Betreuung anfallen, werden bei Bedarf vom Verein finanziell unterstützt.
„Wir organisieren also eine Betreuung, wenn ein Kind krank ist und beide Eltern berufstätig sind bzw. einen wichtigen Termin haben. Aber auch wenn die Eltern krank sind und jemanden für die gesunden Kinder benötigen. Zudem als Betreuungshilfe für Geschwisterkinder, wenn die Mutter mit einem Kind ins Krankenhaus oder akut zum Arzt muss.“
Ist es eine Win-win-Situation?
Ein wunderschöner Nebeneffekt des Vereins ist, „dass viele (ehemalige) Notfallmamas berichten, dass sie mit manchen ihrer Schützlinge noch lange in Kontakt geblieben und teilweise richtige Freundschaften zu den Familien entstanden sind“. Dies unterstreicht für Schalek das Prinzip, das dem Verein zugrunde liegt: Mitglieder helfen Mitgliedern. Und zwar gegenseitig.
„Im Jahr 2021 wurden in Österreich 1.149 Kontakte zu Notfallmamas vermittelt, die im Durchschnitt 1,6 Tage für 5,8 Stunden bei Familien im Einsatz waren. Dabei wurden 1.395 Kinder beaufsichtigt. Das Durchschnittsalter der betreuten Kinder betrug 5,3 Jahre“, zeigt Manuela Schalek die Notwendigkeit der Arbeit des Vereins KiB children care auf.
Was sie Müttern rät: „Bitte holt euch bei Bedarf Hilfe. Ihr müsst nicht alles alleine schaffen!“ Das gilt besonders auch dann, wenn Mütter den Eindruck haben, sie bräuchten einmal dringend eine Auszeit. Gerade während der Pandemie waren viele Mütter durch Homeoffice, Homeschooling und Haushalt an der Grenze ihrer Kräfte. „Wir schicken derzeit in einem Pilotprojekt auch in diesen Fällen für ein paar Stunden Notfallmamas, die Müttern eine kurze Auszeit ermöglichen.“
Der Verein KiB children care setzt sich für folgende Themen ein:
- Betreuung von Kindern zu Hause bei einem Krankheitsfall in der Familie
- Rahmenbedingungen für eine kostenfreie Begleitung für Eltern im Krankenhaus
- kostenfreie mobile Kinderkrankenpflege
- Im Rahmen einer Schnupperstunde können Eltern und Kinder die Situation „Notfallmama“ kennenlernen:
www.kib.or.at
www.notfallmama.or.at
Autor:in:
Zur Person DI Roswitha Wurm Dipl. Legasthenie-, Dyskalkulie- und Lerntrainerin, Buchautorin und freie Redakteurin, (Sport)mentaltrainerin https://lesenmitkindern.at/ Aktuelle Artikel