Einer britischen Umfrage zufolge zieht sich ein Drittel aller Männer regelmäßig auf die Toilette zurück – nicht zur Erledigung eines natürlichen Bedürfnisses, sondern schlicht, um einen Moment der Ruhe und inneren Einkehr zu genießen. Besagte Studie mit 1.000 befragten Briten fördert aber noch andere interessante Verhaltensmuster rund um das „stille Örtchen“ zu Tage…
Als ich in der Redaktion erzähle, dass britische Männer durchschnittlich sieben Stunden pro Jahr alleine zum Zweck der Entspannung und Erholung auf dem Lokus verbringen, starren mich mehrere männliche Augenpaare entgeistert an. Schließlich bricht es aus einem Kollegen heraus: „Nur sieben Stunden pro Jahr? Diese Zeit brauche ich in einer einzigen Woche!“ Damit ist klar: Das stille Örtchen als Lieblingsrückzugs- und Meditationsort der Herren der Schöpfung scheint kein Phänomen unter den Inselbewohnern zu sein, sondern erfreut sich offenbar auch hierzulande großer Beliebtheit.
Wovor flüchten Männer eigentlich in Richtung WC?
Auch diese Frage beantwortet die Studie. Vor allem nörgelnde (Ehe-)Frauen treiben Männer in diese Form der „splendid isolation“, dicht gefolgt von lästigen Kindern. Vollkommen unbeeinträchtigt ist Mann dort allerdings auch nicht. Zumindest jeder zehnte Aufenthalt wird durch Störaktionen vor der Klotüre unterbrochen. In einem von zehn Haushalten wird daher eine für alle Familienmitglieder geltende „Bitte nicht stören“-Regel eingeführt, wenngleich mit mäßigem Erfolg: In 85 Prozent der Fälle findet diese Regel keine Anwendung.
Was machen Männer auf der Toilette, wenn sie eigentlich nichts machen?
Am liebsten checkt der britische Sir im „bathroom“ sein Handy. Hoch oben auf der Liste der bevorzugten Beschäftigungen steht auch das Lesen von Büchern oder Magazinen. Mehr Verwunderung ruft freilich die Tatsache hervor, dass gar nicht wenige Männer kleine Proviantreserven mit Snacks und Ähnlichem am stillen Örtchen deponieren. Wie lange planen sie, frage ich mich unweigerlich, diesen Raum zu okkupieren? Bis die Kinder im Bett sind? Was mich persönlich in diesem Zusammenhang noch interessieren würde, die Studie aber leider nicht beantwortet: Wie viele Männer haben oder planen einen Flachbildfernseher auf dem WC … mit Eiskasten, für das nächste Länderspiel? Und: Steigt die Aufenthaltsdauer und -wahrscheinlichkeit direkt proportional mit der Anzahl der Kinder?
Was macht das „stille Örtchen“ so attraktiv?
Die Vorteile der Toilette als Rückzugsort sind klar umrissen: Sie ist ein Raum, den man ab- und aus dem man die Welt aussperren kann. Grundsätzlich herrscht ein gesellschaftlicher Konsens darüber, dass man einen Menschen am Lokus in Frieden lässt (auch wenn der Nachwuchs das nicht immer verinnerlicht hat). Und last, but not least: Das WC ist der Ort, an dem wir gewohnt sind, „loszulassen“, uns fallen zu lassen. Es ist von außen nicht einsehbar, wir sind also ganz allein und vor fremden Blicken geschützt – ein wahrer Luxus in einer Welt der Hochhäuser, Kleinwohnungen und Großraumbüros. Die Toilette erfüllt unser archaisches Bedürfnis nach einem persönlichen Revier, einer eigenen Höhle, und die Klotüre ist eine leicht zu verteidigende Eintrittsbarriere.
Wenig Wunder, dass es für Millionen Briten und noch viel mehr Männer auf der ganzen Welt längst heißt: „My bathroom is my castle!“
Autor:in:
Zur Person: Eva Sorantin ist Chefredakteurin von all4family & NEW MOM, Mutter von vier Kindern und beruflich schon seit über 20 Jahren in der Verlagsbranche im Bereich Familienmedien tätig. Wenn…