Achtung: Wenn Ihr Herz für Rockmusik schlägt und Sie zumindest eine grobe Vorstellung davon haben, wie man eine E-Gitarre hält, dann lesen Sie weiter. Ansonsten wird es Ihnen möglicherweise an Verständnis für die folgenden Zeilen fehlen. Ein bisschen Musikalität wäre auch angebracht, aber wenn nicht: True Rock’n’Roll is an attitude …
Rock of Ages
20 years ago: Haare wachsen lassen, drei Akkorde auf der E-Gitarre lernen, Verstärker voll aufdrehen … und wenn beim ersten Anschlag der Saiten die Hosenbeine flattern, dann lebt der Traum vom Rock’n’Roll.
Dezember 2012: Moderne Computer-Technologie, verpackt in Spielkonsolen, lässt den Traum spät, aber doch noch wahr werden. Was man dazu braucht? Das revolutionäre Spiel „Rocksmith“ von Ubisoft, dazu eine Sony Playstation 3, eine Microsoft Xbox oder auch einen PC und – das ist das Revolutionäre daran – kein Spielzeuginstrument, sondern eine echte E-Gitarre, wie sie in einem gut ausgestatteten Haushalt bestimmt vorhanden ist. Wenn nicht, bietet „Rocksmith“ als Notfallprogramm auch eine preisgünstige E-Gitarre, die miterworben werden kann.
Prepare Yourself
- Entweder Kopfhörer verwenden oder die Playstation an eine gute Hi-Fi-Anlage anschließen und lärmempfindliche Familienmitglieder kurzfristig aussiedeln: Denn wahren Rock kann man einfach nicht leise spielen!
- Mit dem Spiel wird ein spezielles Gitarrenkabel mitgeliefert, das über den USB-Port an die Konsole angeschlossen wird. Es sorgt für die Umwandlung des Gitarrensignals in digitale Daten.
First Step to Heaven
- Eines vorweg: „Rocksmith“ ist idiotensicher aufgebaut, also auch für blutige Anfänger geeignet. Die Vorbereitungen sind so inszeniert, dass echte Rockatmosphäre aufkommt. Da gerät schon das Stimmen der Gitarre zum Erlebnis. Jede richtig gestimmte Saite wird vom Publikum akklamiert, und der Schlagzeuger lässt ein kurzes „Break“ los. Die Playstation produziert einen authentischen, schön verzerrten Gitarrensound. Da lacht das Herz des Guitarreros!
Practise What You Preach
- Im gesamten Spielverlauf sammelt man Punkte für richtig gespielte Töne. Je mehr Punkte, in desto größeren Locations darf man unter anderem auftreten. Die Songs kann der Spieler theoretisch aus einer Tracklist wählen. Allerdings empfiehlt es sich, einigermaßen in der empfohlenen Reihenfolge zu bleiben. Warum? Als erstes Übungsstück wird „I Can’t Get No …“ angeboten. Ja, genau das! Obwohl man nur einzelne Töne zu dem Song beitragen darf, ist hier dank der exzellent eingespielten Playbacks schon der Rock’n’Roll zu spüren. Auf dem Bildschirm wird angezeigt, welche Saite auf welchem Bund anzuschlagen ist. Auch wenn am Anfang nur alle heiligen Zeiten ein Ton folgt, erfordert dies ein ziemlich hohes Maß an Konzentration, da man doch mit dem Suchen der jeweiligen Seite ziemlich beschäftigt ist.
- Eines steht nach den ersten beiden Songs aber fest: ein geniales Spiel! Noch nie hat Gitarreüben so viel Spaß gemacht. Auch wenn man nur einzelne Töne herauswürgt, hat man das Gefühl, richtig zu spielen. Aus Sicht der klassischen Instrumentalausbildung pädagogisch vielleicht fragwürdig … Aber wir wollen ja den Rock’n’Roll leben und nicht Konzertgitarristen werden!
A New Level
- Eigentlich ist ja vorgesehen, dass man die mehr als 50 Songs der Tracklist Schritt für Schritt meistert und mit jedem Einzelnen neue Techniken erlernt. Verständlicherweise will man aber natürlich gleich ein paar Stufen überspringen und einmal ordentlich Lärm machen, sprich: einfache Akkorde, also mehrere Töne gleichzeitig, spielen. Nun wird es etwas schwierig! Nach einigen Versuchen, die aber eher an tiefsten Undergroundpunk erinnern, rudern wir lieber zurück und bleiben doch beim vorgesehenen Ablauf. Auch einzelne Töne können sehr viel Ausdruck haben … Wer unterschiedliche Schwierigkeitslevels sucht, wird enttäuscht. Das muss man via Auswahl der zu erlernenden Techniken selbst steuern, beziehungsweise gibt es auch einen „Riff-Repeater“, der das Üben von Phrasen unterstützt.
All My Songs
- Wenn man nicht in den Tiefen der Rockgeschichte zu Hause ist, wird man – abgesehen von dem vorher erwähnten Rolling-Stones-Hit und „Sweet Home Alabama“ – vielleicht die populären Klassiker vermissen. Aber die Zugabe ist bereits verfügbar und nennt sich nicht zu Unrecht „Classic Rock„. Mit dabei: Deep Purple, The Police, Boston und Queen gleich mit fünf Songs. Jetzt ist die „Rocksmith“-Welt perfekt!
FAMOUS LAST WORDS
„Rocksmith“ ist in der Grauzone zwischen ernsthaftem Gitarrenspiel und exzellent gestaltetem puren Entertainment angesiedelt. Wenn man für beide Seiten ein bisschen Begeisterung aufbringen kann und kein Profimusiker ist, dann war es im Graubereich noch nie so bunt und so laut.
Lester Bangs: „Rock’n’roll is an attitude, it’s not a musical form of a strict sort. It’s a way of doing things, of approaching things. Writing can be rock’n’roll, or a movie can be rock ’n‘ roll. It’s a way of living your life.“
Autor:in:
Zur Person Mag. Claudia Ohnesorg-Csik studierte Handelswissenschaften an der WU Wien. Ist Mutter von zwei Töchtern. Sie ist für die Online Redaktion zuständig und verantwortet die Social Media Präsenz. Aktuelle…