NEW MOM zeigt einige Szenarien auf, wie es ablaufen kann, wenn Mann und Frau schließlich getrennte Wege gehen.
Das österreichische Recht sieht es recht nüchtern: Laut diesem kann ein Ehevertrag entweder einvernehmlich oder streitig gelöst werden, und zwar wegen Zerrüttung oder wegen Verschuldens. In letzterem Fall gilt es zu klären, um wessen Verschulden es sich handelt – nicht zuletzt für die Höhe des Unterhalts ist das von großer Bedeutung. Doch was genau bedeutet Verschulden? Wie wird es festgestellt? Und muss überhaupt immer einer schuld sein?
SCHEIDUNG IM EINVERNEHMEN MÖGLICH?
Die Ehe von Frau und Herrn Karner ist schon seit einiger Zeit nicht mehr intakt – juristisch gesprochen: zerrüttet. Sie haben die Möglichkeit genützt, bereits sechs Monate nach dem Ende der ehelichen Gemeinschaft die Scheidung einzureichen. Einvernehmlich.
Das hat den Vorteil, dass sie vor Gericht weder die Gründe für die Trennung darlegen noch über die Schuldfrage, sondern allein über die Folgen der Scheidung diskutieren müssen. Die einstigen Ehepartner sind sich – sagen wir mithilfe von Mediation – über die Regelungen bezüglich der Kinder, des ehelichen Vermögens, des Unterhalts und der gemeinsamen Wohnung einig geworden. Das Ergebnis geben sie beim zuständigen Bezirksgericht in einem gerichtlichen Vergleich zu Protokoll. Frau und Herr Karner wollen auf Nummer sicher gehen und haben sich deshalb im Vorfeld unabhängig voneinander rechtlich beraten lassen. Schließlich möchten sie ihre jeweiligen Rechte in den Scheidungsvergleich einbringen können. Frau Karner erhält von ihrem Mann einen zeitlich befristeten Unterhalt, denn sie betreut die gemeinsamen Kinder und kann sich deshalb nicht vollständig selbst erhalten. In unserem Beispiel liegt die Höhe des Unterhalts aufgrund des Entgegenkommens von Herrn Karner über dem gesetzlich vorgeschriebenen. Der Betrag wäre sonst um ein Drittel niedriger als der „angemessene“ Unterhalt einer schuldlos Geschiedenen. Da es sich um befristeten Unterhalt handelt, hat Frau Karner aber später keinen Anspruch auf Witwenpension.
SCHEIDUNG WEGEN VERSCHULDENS?
Völlig anders verhält es sich bei den Schneiders: Herr Schneider hat während der Ehe gravierende Verfehlungen begangen. Er hat sich Ehebruch sowie physische und psychische Gewalt zuschulden kommen lassen. Damit hat Frau Schneider nun – wohl überaus nachvollziehbar – das Recht, als Schuldlose die Scheidung einzureichen.
Andere mögliche Gründe dafür wären:
- die Verletzung der „anständigen Begegnung“, also der Grundprinzipien des respektvollen Umgangs miteinander,
- die Verletzung der Beistands- oder Unterhaltspflicht (auch von Kindern) oder
- das Zusammenspielen mehrerer „kleinerer“ Verfehlungen wie etwa unbegründeter Eifersucht, Zanksucht, fahrlässigen Schuldenmachens oder unsittlichen Verhaltens.
Am Ende ist es eine richterliche Entscheidung, ob es sich um einseitiges, überwiegendes oder beiderseitiges Verschulden handelt.
Zurück zu den Schneiders: Frau Schneider wird schuldlos geschieden und hat Anspruch auf „angemessenen“ Unterhalt, da sie aufgrund gesundheitlicher Probleme nicht in der Lage ist, sich selbst durch Erwerbsarbeit zu erhalten, und auch über kein eigenes Vermögen verfügt. Aufgrund ihrer nur geringfügigen Beschäftigung hat sie Anrecht auf 40 Prozent des Familieneinkommens, jedoch auf maximal 33 Prozent des Einkommens ihres zukünftigen Exmanns.
WIE SIND DIE UNTERHALTSREGELUNGEN?
Frau Berger ist nicht erwerbstätig, da sie einerseits die kleinen gemeinsamen Kinder und andererseits ihre pflegebedürftige Mutter betreut. Sie wurde ebenfalls schuldlos geschieden und hat somit, wie auch im obigen Fall, Anspruch auf 33 Prozent des Einkommens ihres Expartners. Allerdings verringert sich dieser Prozentsatz, da dieser bereits für ihre gemeinsamen Kinder Unterhalt bezahlt und auch für eine zweite, „neue“ Familie unterhaltspflichtig ist.
Frau Reiter wiederum, ebenso schuldlos geschieden, hatte ursprünglich vollen Anspruch auf Unterhalt. Sie ging jedoch nach einiger Zeit eine Lebensgemeinschaft ein und heiratete wieder – womit dieser Anspruch erlosch.
Und noch ein Beispiel: Frau Ferlei wurde der Unterhaltsanspruch vom Gericht aberkannt, da sie sich eine schwere Verfehlung gegenüber ihrem Exmann leistete, indem sie ihm den Kontakt zu den Kindern schlicht verweigerte. Derartiges hat Frau Greiner nicht getan, dennoch hatte sie schon zum Zeitpunkt ihrer (schuldlosen) Scheidung keinen Anspruch auf Unterhalt, da sie selbst voll berufstätig war und somit überein eigenes ausreichendes Einkommen verfügte. Sie und ihr Exmann ließen jedoch bei der Scheidung eine Klausel hinzufügen, durch die ihr „angemessener“ Unterhalt im Falle einer „unverschuldeten Notlage “ (z. B. Arbeitslosigkeit) zugesichert wird.
SCHEIDUNG NACH MEHRJÄHRIGER TRENNUNG SINNVOLL?
Rein pragmatisch betrachtet hat es Frau Hutter am besten getroffen: Sie ist durch die Regelungen zwischen sich und ihrem ehemaligen Gatten sozialversicherungsrechtlich und finanziell abgesichert. Bereits drei Jahre lebten sie getrennt, bevor die Ehe auf Verlangen ihres Mannes, bei dem die alleinige Schuld liegt, geschieden wurde. Diese Variante garantiert Frau Hutter die vollen Unterhaltsansprüche – zumindest in materieller Hinsicht ist dies fast so, als wäre die Ehe nicht geschieden worden.
Zudem erfüllt sie die drei Voraussetzungen für das Witwenpensionsprivileg:
- Sie wurde wie gesagt schuldlos geschieden,
- die Ehe dauerte mindestens 15 Jahre und
- Frau Hutter war zum Zeitpunkt der Scheidung (mindestens) 40 Jahre alt.
Irgendwann einmal stehen ihr demnach, je nach eigener Pensionshöhe, bis zu 60 Prozent der Pension des verstorbenen Exgemahls zu.
WIE FUNKTIONIERT DIE WITWENPENSION?
Prinzipiell ist der Anspruch auf Witwenpension für Geschiedene an die gerichtlich festgelegte Unterhaltshöhe gekoppelt.
Im konkreten Fall von Frau Maier sieht die Ausgangslage folgendermaßen aus: Sie wurde schuldlos geschieden und hat Anspruch auf Unterhalt. Aufgrund von Kinderbetreuungspflichten und auch, weil sie sowohl ihre eigene Mutter als auch die ihres Mannes gepflegt hat, rechnet sie mit einer geringen eigenen Pension. Frau Maier fällt zum Zeitpunkt der Scheidung aber nicht unter das Privileg, das ihr die oben ausgeführte volle Witwenpension zusichern würde. Für sie beläuft sich der Pensionsanspruch auf die Höhe des vorher vom Exmann bezahlten Unterhalts – nicht weniger, aber eben auch nicht mehr.
Kleines Scheidungswörterbuch
- Unterhalt: Zur sozialen Absicherung von Frauen mit Kinderbetreuungspflichten bzw. von älteren, nicht berufstätigen Frauen gibt es den (befristeten) verschuldensunabhängigen Unterhalt. Er beträgt jedoch nur zwei Drittel des „angemessenen“ Unterhalts.
- Witwenpension: Bei einer Scheidung aus Verschulden des Mannes behält die geschiedene Ehefrau ihre pensionsrechtlichen Ansprüche.
Die Voraussetzungen dafür: Dauer der Ehe von 15 Jahren, Alter der Frau mindestens 40 Jahre, Unterhaltstitel; zudem zählen auch Erwerbsunfähigkeit zum Zeitpunkt der Scheidung oder Kinderbetreuungspflichten zum Zeitpunkt des Todes des Exmannes.
INFOS:
- „Was tue ich, wenn es zur Scheidung/Trennung kommt?“
Ist eine Broschüre vom Bundesministerium für Bildung und Frauen und gibt – unter Berücksichtigung der gesetzlichen Neuerungen 2013 – einen aktuellen überblick über die rechtliche Situation von Frauen rund um die Auflösung einer Ehe oder einer Lebensgemeinschaft.
Autor:in:
Dr. Doris Rosenlechner-Urbanek
Zur Person: Dr. Doris Rosenlechner-Urbanek lebt und arbeitet in Salzburg als Sozialwissenschaftlerin und freie Redakteurin. Aktuelle Artikel