Der Winter hat die Bergwelt fest im Griff, Ferien stehen vor der Tür und in den Skigebieten werden Pisten und Liftanlagen auf den Ansturm der Urlauber vorbereitet. Jahr für Jahr das gleiche Bild, nur nicht in diesem Winter. Die meisten werden auf den jährlichen Skiurlaub mit der Familie verzichten müssen und viel zu viele Kinder werden erst ein Jahr später zu ihren ersten Erfahrungen mit der wichtigsten Nebensache der Welt kommen (manche mögen auch von der wichtigsten Hauptsache der Welt sprechen).
Erste Versuche
Doch wann ist überhaupt das „richtige“ Jahr für diese ersten Ski Erfahrungen? Erspart der Lockdown vielleicht sogar unzähligen überforderten Kindern das traumatische Erlebnis der Trennung von den Eltern in einer kalten, ungewohnten Umgebung?
Darauf gibt es wie so oft keine allgemein gültige Antwort. Grundsätzlich ist es nie zu früh, ein Kind auf Ski zu stellen. Man muss nur dazu bereit sein, den Versuch gegebenenfalls sehr bald wieder zu beenden. Macht die Bewegung am Schnee Spaß, umso besser, macht sie es nicht, ist warten angesagt. Erzwingen lässt sich nichts.
Von Skifahren im eigentlichen Sinn ist am Anfang oft auch noch gar nicht die Rede. Spielen, Laufen und etwas Rutschen mit den Geräten an den Füßen ist angesagt, die süße Belohnung meist wichtiger als die Bewegung. Ob das in der Skischule (oft für die kleinsten auch eigens Skikindergarten genannt) geschieht oder im Rahmen der Familie ist Geschmacksache und auch von der Geduld der Eltern abhängig.
Skikurs?
Interessanter wird es, wenn die Kinder in ein Alter kommen, in dem sie konditionell und koordinativ weit genug sind den Tag auf Ski zu verbringen. Auch hier ist das nominelle Alter zweitrangig. So manch Dreijähriger ist schon älteren Kindern um die Ohren gefahren.
Jetzt stehen viele Eltern vor einer Entscheidung:
- Ist es besser selbst mit den eigenen Kindern zu fahren, oder sie in die Skischule zu schicken?
- Und wenn ein Skikurs: Gruppenkurs oder Privatunterricht?
Die Antwort darauf lautet ganz klar: Kommt darauf an!
Da wären einmal die Kosten. Skischule ist nicht billig. Lohnt es sich also? Auch ohne das Argument der gewonnenen Freizeit für die Eltern? Wahrscheinlich schon.
- All die Spiele, Übungen und Verrenkungen, die manchmal lächerlich wirken und doch auch viele Erwachsene an ihre koordinativen Grenzen treiben würden, machen Sinn. Sie sollen den Kindern nicht nur die Zeit vertreiben, sondern auch das Bewegungsverhalten schulen.
- Kinder lernen durch Nachmachen. Eine falsch vorgezeigte Übung ist nicht besser als gar keine Übung. Das Vorzeigen einem Skilehrer zu überlassen kann daher sinnvoll sein, wenn man als Elternteil selbst nicht genau weiß, was man eigentlich tut.
- Dazu kommt der Spaß in der Gruppe. Gemeinsames Lernen mit Gleichaltrigen und auch gemäßigter Konkurrenzkampf untereinander können für ein Erlebnis sorgen, das die Eltern so nicht bieten können.
Das spricht auch für einen Gruppenkurs und gegen den Privatlehrer. Der beste Skilehrer kann nicht die Unterhaltung bieten, für die neun Gleichaltrige in der Gruppe sorgen. Dafür ist die tatsächliche Übungszeit auf Ski im Privatunterricht deutlich länger und besser an die individuellen Bedürfnisse und Vorlieben angepasst. Ein beliebter Kompromiss ist ein Skilehrer für eine kleine Gruppe von Freunden oder Geschwistern. Das kombiniert die Vorteile der Gruppendynamik mit denen des individuellen Unterrichts.
Zu guter Letzt sei noch hinzugefügt, dass man seinen Kindern natürlich schon auch sehr gut selbst Skifahren beibringen kann. Dabei sollte man nur zwei Dinge beachten:
- Skifahren muss Spaß machen! Zu ehrgeiziges Unterrichten und auf Fehler hinweisen kann dem Nachwuchs schnell den Spaß nehmen und damit jegliche Lust und Motivation. Es heißt nicht umsonst: Gut macht man, was man gern macht!
- Die Grundbewegungen schulen! Das heißt: Gewicht tendenziell auf den Talski, Hüfte näher zum Berg, Schultern zum Tal, sowie eine Bewegung zum Beginn der neuen Kurve, meist eine Hochbewegung also aufrichten oder springen.
Man hört auf der Piste noch sehr oft Dinge wie: „Fahrt schmäler! Vergesst nicht auf einen schönen Stockeinsatz!… Das bedeutet zum einen schon zu viel Erklärungen, Kinder lernen besser durch Nachmachen als durch bewusste Konzentration, zum anderen sind Details wie der Stockeinsatz für Kinder (und meist auch für Erwachsene) schlicht und einfach irrelevant.
Skitouren mit Kindern
Wer sich in einigen Jahren an den Winter 2020/21 zurückerinnert, wird wohl ein recht ruhiges Bild der Skigebiete vor sich sehen. Leere Pisten, geschlossene Hotels und besonders auffällig das Fehlen der Dauerbeschallung mit qualitativ fragwürdiger, dafür umso mitreißender Musik.
Doch in der restlichen Bergwelt, außerhalb der großen Skigebiete sieht es ganz anders aus. Der bereits seit einigen Jahren anhaltende Trend zu Skitouren hat heuer noch einmal richtig Fahrt aufgenommen. Auf den bekanntesten, auch im Internet gut dokumentierten Routen trifft man auf deutlich mehr Menschen als auf den Pisten der Skigebiete. Immer häufiger (wenn auch zugegebenermaßen immer noch sehr selten) sieht man auch Eltern, die mit ihren Kindern unterwegs sind.
Kindern das Tourengehen schmackhaft zu machen ist schwierig, umso beeindruckender, wenn es funktioniert.
- Das Gehen ist anstrengend, oft eintönig.
- Die Auswahl der richtigen Kleidung, nicht zu heiß im Aufstieg, nicht zu kalt, wenn in Gipfelnähe der Wind aufkommt, oder das Wetter wechselt, ist schwieriger, wenn keine Lifte und Skihütten für Schutz und Erholung sorgen.
- Längere Touren bleiben wohl Kindern vorbehalten, die das ganze Jahr Ausdauersport betreiben und viel Zeit im Freien verbringen.
Für die große Mehrheit gibt es dennoch Möglichkeiten, diesen Sport kennen und lieben zu lernen.
Skifahren im Gelände macht Spaß, ist spannender und abenteuerlicher als das Fahren auf der Piste. Springen an Geländekanten und Schanzen ist sowieso das Größte. Ideale Touren mit für Kinder sind einfache Erweiterungen des Geländefahrens im Skigebiet. Oft kann beispielweise im Skigebiet von den Liften weiter aufgestiegen werden. Das sorgt für Abfahrten, die außergewöhnlicher und exklusiver sind, ein großartiges Gefühl und ein Erlebnis, von dem man erzählen kann.
Grundsätzlich gilt das gleiche, wie beim Skifahren auf den Pisten:
- Der Spaß und die Abwechslung müssen im Vordergrund stehen.
- Wenn die konditionellen und technischen Anforderungen der Tour die Fähigkeiten der Kinder nicht übersteigen und die Belohnung der Abfahrt und des Neuen, Interessanten überwiegt, steht einem besonderen Erlebnis nichts im Weg.
Ausprobieren schadet auf keinen Fall.
Material
Auch beim Material muss man sich dabei in keine Unkosten stürzen:
- Aufstiegsadapter für die Kinderbindung
- und alte, neu zurechtgeschnittene Fälle reichen für die ersten Versuche völlig.
Skifahren ist ein großartiges Erlebnis für Kinder und es braucht nicht viel, um dieses Erlebnis auch für die Eltern zu einem solchen zu machen. Der nächste Winter wird kommen und hoffentlich auch der nächsten Generation wieder die Freude an der Bergwelt und der Bewegung auf zwei Brettern bringen, die wir so lieben.
Autor:in:
Zur Person Moritz Österreicher ist Landesskilehrer und passionierter Tourengeher. Aktuelle Artikel