Champagnertrunkenes Jetset-Publikum, Hollywood- Stars am roten Teppich, rasante Rennen durch monegassische Häuserschluchten und austernschlürfende Touristen nach ihrem Casinobesuch: Das legendäre Flair der Côte d’Azur fasziniert. Hier lässt sich’s leben und in Hedonismus schwelgen. Ist aber Südfrankreich auch eine Destination für den nächsten Familienurlaub, bei dem alle auf ihre Kosten kommen? NEW MOM Autorin Heidrun Henke hat es ausprobiert …
VORGEZOGENER FRÜHLING IN MENTON?
Gleich die ersten Städte, die sich nach der italienischen Grenze offenbaren, versprechen südfranzösisches mondänes Flair: Menton, Monte Carlo und Nizza.
Freilich, so stilvoll wie die Promis, die in ihren schicken Cabrios die Croisette entlangcruisen, starten wir nicht in unseren Familienurlaub. Stattdessen: eine bis oben hin vollgepackte Windelkutsche, Sandküberl inklusive. (Und, nein, wir machen keine Weltreise!) Aber selbst wir fühlen uns ein bisschen wie die Götter in Frankreich, sobald wir in Menton einfahren, wo Palmen und Bananenbäume Spalier stehen, uns mild-würziger Meeresduft um die Nase weht und wir in jedem Kreisverkehr von einem blumenumrankten, plätschernden Springbrunnen begrüßt werden.
Der Promifaktor ist hier gering, dafür findet man in Menton viele Pensionisten, die wie wir dem Winter entfliehen und die gemäßigten Temperaturen (16 Grad Jahresdurchschnitt!) suchen: Wir fahren Mitte April los und hoffen auf einen vorgezogenen Frühling. Et voila, er ist da! Hier ist bereits alles erblüht und von Sonnenlicht durchflutet. Die ganz Ungeduldigen springen sogar schon ins Wasser.
IST NIZZA DER „HOTSPOT“ DER COTE D’AZUR?
Auch Nizza ist ein Geheimtipp, wenn man früh im Jahr Sonne und Wärme genießen will, schließlich gibt es beides hier ganzjährig. Durch ihre begünstigte Lage ist die Stadt angeblich sogar der „Hotspot“ der französischen Riviera.
Nizza hat genau die richtige Größe, um zu Fuß durchquert zu werden, selbst auf müden Kinderbeinen. Und der öffentliche Strand ist quasi im Zentrum: Einfach vom Marktplatz durchs Stadttor, den Zebrastreifen queren, und schon ist man am Meer. Einfach ideal: vormittags Shopping oder Kulturprogramm, nachmittags am Strand Räder schlagen und Wellen reiten.
Außerdem gibt es eine bunte Gastroszene mit fantastischer regionaler Küche. Selbst unsere (von Natur aus heiklen) Kinder kommen unbeabsichtigt ins Schwärmen: „Mama, wann essen wir wieder die guten Beeren-Küchlein?“ (Himbeer-Tartelettes) Und mit welcher Hingabe sich unsere Kleinen eine Stange Baguette reinschieben, die fast so groß ist wie sie selbst, ist wunderbar zu beobachten. Klar, für den deftig-würzigen Camembert oder die schleimigen Austern können wir sie nicht begeistern, und Froschschenkel haben wir gar nicht erst erwähnt. Aber es gibt ja auch noch Pizza, schließlich ist Nizza kulinarisch gesehen nur einen Steinwurf von Italien entfernt. Die originäre Nizza-Pizza heißt Pissaladière und wird statt mit Tomaten mit Zwiebelkompott gegessen.
ZU BESUCH BEI DEN GRIMALDIS
Wir planen einen Tagesausflug zu den Grimaldis nach Monte Carlo. Die Stadt ist mit öffentlichen Verkehrsmitteln (Ligne d’Azur) von Nizza in kürzester Zeit zu erreichen. Der Zug schlängelt sich an kleinen, eleganten Küstenorten entlang und bietet dadurch eine echte Panoramatour. So formidabel kann man die ganze Côte d’Azur entlangreisen, immer mit einem Auge auf dem azurblauen Meer und mit einem Bein am Absprung, zum spontanen Aussteigen bereit.
Als wir unsere Füße erstmals auf Monacos Straßen setzen, sind wir erstaunt ob der Sauberkeit. Fielen unsere Dinkelbrezeln aus der Jausenbox auf den Boden – ich würde sie alle einsammeln! Die Stadt ist angenehm klein und überschaubar, mehr hoch als groß, denn Monaco ist eine einzige Steilküste, an deren Abhang sich die Hochhäuser türmen und schachteln.
Damit man sich auf den steilen Straßen nicht verausgabt, gibt es viele öffentliche Lifte, die einen schnell von unten nach oben befördern – oder auch umgekehrt hinunter zum Hafen, in dem sich eine Luxusjacht neben die andere reiht. Genau hier, wo Hamilton [&] Co. ihre Kurven ziehen, trinken wir die französische Version des Espresso Macchiato, einen Cafe Noisette, der auch nicht teurer ist als anderswo, und stellen uns vor, wie die Reichen und Schönen ihre Formel-1-Partys feiern und sich mit Champagner bespritzen. Für die Kinder gibt es neben den legendären Rennkurven und den überdimensionierten Motorjachten auch einen Hubschrauberlandeplatz zu bestaunen, der es ermöglicht, vom Flughafen Nizza direkt nach Monaco einzufliegen. Ist schneller und bequemer als der Flughafenshuttle – und aufregend! Die Grimaldis haben bestimmt ihren eigenen Privat-Helikopter.
Wir sehen uns ihren Fürstenpalast genauer an und erklimmen den royalen Felsen. Oben findet sich ein großzügiger Platz mit Wachposten vor den Mauern, weiter können wir nicht vordringen. Ganz in der Nähe ist aber das Museum mit der schönsten und weltbesten Lage, direkt an einen Felshang gebaut, über dem Mittelmeer thronend: das Ozeanographische Museum. Der meereskundlich interessierte Fürst Albert I. hat es im Jahr 1889 errichten lassen. Die Kinder lieben es, nicht nur wegen seiner Lage, sondern wegen der 6.000 Meerestierarten, die das Haus beherbergt. Am Ausgang kann man sogar in einem Streichelbecken mit den Tieren auf Tuchfühlung gehen. Großartig ist auch die Terrasse auf dem Dach des Museums mit einem liebevoll gestalteten Spielplatz; daneben können die Eltern, wie könnte es anders sein, Meeresfrüchte essen und dabei in die reflektierende Sonne am Wasser blinzeln. Magnifique! Ein wahrlich würdiger und ein bisschen glamouröser Abschluss unseres Côte-d-Azur-Familienurlaubes. Schade nur, dass wir nicht mit dem Helikopter angereist sind. Die Terrasse wäre ein idealer Landeplatz.