Paul führt beim Lernen Selbstgespräche, Veronika läuft dabei auf und ab. So verschieden die Menschen sind, so unterschiedlich ist auch ihre Art, sich Wissen anzueignen. Wer effizient lernen will, muss es daher typgerecht tun.
Zum Lernen gebrauchen wir unsere Sinnesorgane. Der Lernstoff gelangt über diese in unser Gedächtnis. Da sie bei jedem Menschen unterschiedlich stark ausgeprägt sind, gibt es unterschiedliche Lerntypen. In Anlehnung an die Sinnesorgane, die beim Lernen beteiligt sind, spricht man deshalb von auditiven, visuellen, kommunikativen und motorischen/haptischen Lerntypen.
Welche Lerntypen gibt es?
DER AUDITIVE LERNTYP – LERNEN DURCH ZUHÖREN
Der auditive Lerntyp lernt am besten, wenn er den Stoff hört.
- Auditive Lerntypen führen oft Selbstgespräche beim Lernen. Sie sagen sich die Lerninhalte laut vor oder erzählen anderen davon.
- Mündliche Aufgaben liegen dem bevorzugt auditiv Lernenden am besten.
- Er fühlt sich durch Umgebungsgeräusche schnell gestört und mag meist keine Musik im Hintergrund. Allerdings lernen auditive Lerntypen gerne mit musikalischer Untermalung auswendig, z.B. das Einmaleins.
- Lernsprüche sind für auditive Lerntypen ebenfalls eine wichtige Hilfe.
DER VISUELLE LERNTYP – LERNEN DURCH SEHEN
Der visuelle Lerntyp merkt sich Inhalte am besten, wenn er sie in Form von Mindmaps, Bildern oder Grafiken vor sich sieht.
- Er schreibt gerne mit und nimmt Informationen durch Sehen auf bzw. lässt sie sich gerne zeigen.
- Er erinnert sich besonders an das, was er selbst gelesen und gesehen hat. Farbige Stifte, Marker, Flipcharts, Videofilme oder Fernsehbeiträge zum Thema helfen ebenso wie geistige Bilder, die er sich zum vorgetragenen Lerninhalt macht.
- Dieser Lerntyp lässt sich übrigens leicht durch Unordnung ablenken.
- Gut geeignet sind Lernvideos bzw. Online-Nachhilfe.
DER KOMMUNIKATIVE LERNTYP – LERNEN DURCH MITSCHREIBEN ODER GESPRÄCHE
Der kommunikative Lerntyp lernt am besten durch Mitschreiben oder Diskussionen und Gespräche.
- Ihm hilft es einerseits, viele Fragen stellen zu können, andererseits auch Fragen von anderen gestellt zu bekommen.
- Auch die Position des Erklärenden nimmt er gerne ein.
- Er braucht zum Lernen das aktive Mitschreiben, Mitdenken und den Austausch mit anderen.
- Günstige Lernmethoden sind: Mindmaps, Tabellen schreiben und dazu sprechen, beim Lernen Notizen auf einer Tafel/einem Zettel zu machen, über den Lernstoff zu reden, Stofftieren oder jüngeren Geschwistern alles zu erklären (Schule spielen); für ältere Schüler: eine Powerpoint-Präsentation über den Stoff zusammenstellen und der Familie präsentieren.
DER MOTORISCHE / HAPTISCHE LERNTYP – LERNEN DURCH BEWEGUNG
Der motorische Lerntyp lernt am besten durch Learning by Doing.
- Er muss am Lernprozess unmittelbar beteiligt sein, um eigenständige Erfahrungen zu sammeln.
- Dieser Lerntyp lernt am leichtesten, wenn er selbst etwas ausprobiert, an Rollenspielen und Gruppenaktivitäten teilnimmt.
- Er bewegt sich gern beim Lernen, läuft immer auf und ab, wiederholt dabei den Lernstoff, fasst Gegenstände an, die zum Lernstoff passen und macht Experimente, wann immer es geht.
Wie lernen Kinder „richtig“?
In der Lernforschung weiß man schon lange, dass wir nie ausschließlich mit einem Sinnesorgan lernen.
- Durch das Hören nehmen wir 20%, durch die Kombination Hören und Sehen bereits 50%, durch Hören, Sehen und Diskussion 70% des Lernstoffes auf. 90% des Lerninhalts merken wir uns, wenn wir etwas hören, sehen, darüber reden und es selber anwenden. Die meisten Schüler sind Misch-Lerntypen, dennoch kristallisieren sich bei einem Test gewisse Stärken heraus. Und diese gilt es beim Lernen sinnbringend einzusetzen.
PRAKTISCHE TIPPS
- Lassen Sie Ihr bewegungshungriges Kind ruhig auch einmal im Herumgehen oder Laufen lernen (z.B. Laufdiktat: Legen Sie die Lernwörter des Kindes auf einem Zettel geschrieben auf einen Tisch im Nebenzimmer, das Kind steht von seinem Schreibtisch auf, geht zum Lernwörterblatt, „holt“ gedanklich ein Wort ab, geht zu seinem Schreibtisch zurück und schreibt das Wort auf etc.). Durch lustige Einmaleins-Tanzvideos (YouTube) wird den Kindern das Auswendiglernen zum Spaß. Lassen Sie Ihr Kind beim Einprägen der Lernwörter die einzelnen Silben gehen oder springen.
- Ist ihr Kind ein kommunikativer Typ, dann tauschen Sie Rollen und spielen einen Schüler, der sich vom Kind, dem Lehrer, alles erklären lässt. Nehmen Sie Ihr Kind beim Reden über den Stoff auf. So kann es den Lerninhalt wiederholen.
- Dem visuellen Lerner besorgen Sie eine Fülle von Textmarkern und bunten Stiften sowie Post-its, auf der er wichtige Lerninhalte notiert. Ihre Wohnung wird zwar mit bunten Zetteln voller Lernwörter und Formeln verklebt sein, aber der Lernerfolg Ihres Kindes ist Ihnen dann auch sicher!
- Der auditive Lerntyp kann sich Vokabeln besonders gut mit Klangmustern einprägen. Manchen Kindern hilft es, wenn sie beim Lernen im Takt klatschen oder mit einem Stift auf einen Gegenstand klopfen. Kinder, die ein Instrument spielen, können mit Tonmustern lernen.
- Wenn Sie unsicher sind und den Eindruck haben, dass Ihr Kind noch nicht die passende Lernstrategie gefunden hat, lohnt sich eine professionelle Lerntypenaustestung bei einem Lerntrainer oder einem Kinderpsychologen, bei der das Kind eingestuft und beraten wird, wie es am besten und vor allem effizient lernen kann. Damit Schule und Lernen (wieder) leichter werden. Und im besten Fall sogar ein bisschen Spaß machen. Denn nicht selten liegt es einfach am „Gewusst wie“.
Autor:in:
Zur Person DI Roswitha Wurm Dipl. Legasthenie-, Dyskalkulie- und Lerntrainerin, Buchautorin und freie Redakteurin, (Sport)mentaltrainerin https://lesenmitkindern.at/ Aktuelle Artikel