Tut das gut! LunaSol sitzt nach langer Zeit wieder an einem Samstagnachmittag in ihrem Lieblingskaffeehaus mit ihrer Freundin und Yoga-Lehrerin Lisa zusammen und sie plaudern angeregt.
Seitdem die Kinder auf der Welt sind, ist LunaSol mit Arbeit, Haus und Kindern so eingespannt, dass sie kaum noch Zeit für sich selbst hat – nicht einmal mehr für entspannte Treffen mit ihren Freundinnen. Schon länger spürt sie, dass sich das ändern muss. Sie braucht mehr Raum für Entspannung, Austausch, Lernen, Bewegung – schlichtweg für sich. Sie ist auf der Suche nach einem neuen Gleichgewicht.
Darum hat sie sich letzte Woche mit ihrem Partner zusammengesetzt, um zu besprechen, wer sich wann um die Kinder kümmert. So haben sie für die kommenden Wochen für jeden von ihnen Freiräume schaffen können, die sie vorsorglich auch gleich im Kalender blockiert haben. Unter anderem ist nun LunaSols Partner jeden Samstagnachmittag mit den gemeinsamen Kindern Sarah und Paul am Spielplatz, damit LunaSol Zeit für sich hat. Und das fühlt sich wirklich gut an. Für alle.
Die Stimmung an diesem Samstagnachmittag ist daher sehr entspannt und fröhlich. Lisa erzählt LunaSol von ihrem ersten Date mit dem Cousin ihrer Nachbarin. Letzten Freitag hat sie sich mit ihm im Kino getroffen, nachdem sie ihn zufälligerweise ein paar Tage zuvor im Treppenhaus kennengelernt hatte. Mit vielen Details beschreibt Lisa das lustige Hemd im bunten, blumigen Hawaii-Stil, das er bei dieser Gelegenheit anhatte, und sie müssen beide schallend lachen.
Schlagartig kippt die Stimmung
Da passiert es. LunaSol lacht so herzhaft, dass sie plötzlich spürt, wie sie Harn verliert.
Plötzlich hält LunaSol inne. Was ist da jetzt passiert? Warum verliert sie unkontrolliert Harn? Ihre Blase ist doch gar nicht voll und hat nicht signalisiert, dass sie geleert werden will. Früher ist ihr das nie passiert. Warum jetzt?
Lisa erzählt weiter begeistert ihre Geschichte und merkt zunächst gar nicht, dass LunaSol mit ihrer Aufmerksamkeit nicht mehr bei ihr ist. LunaSol sieht ihre Freundin reden und lachen. Sie sieht, wie sich Lisas Mund zu Worten und Lachen formt. LunaSol selbst jedoch ist plötzlich außerhalb der Szene. Lisa und das gesamte Kaffeehaus wirken auf LunaSol schlagartig, als wären sie Teil eines Films – und LunaSol die Zuschauerin, die den Ton abgedreht hat.
In LunaSols Kopf jagt ein angstvoller Gedanke den nächsten. Was bedeutet dieser unkontrollierte Harnverlust? Ob sie schwer krank ist? Ob sie vielleicht eine Blasenentzündung bekommt? Aber sie hat doch gar keine Schmerzen. Was hat das zu bedeuten?
LunaSol erinnert sich, dass das in letzter Zeit immer wieder passiert ist. Wenn sie lacht. Wenn sie niest. Wenn sie hustet. Wenn sie laufen geht. Bisher hat sie es nur weggeschoben. Aber mit einem Mal wird LunaSol klar, dass das nicht in Ordnung ist. Wenn ihr Körper unkontrolliert Harn verliert, muss es eine Ursache geben. LunaSol hat Angst.
Keine Angst – Alles wird gut
Auf einmal befindet sich LunaSol mit ihrer Aufmerksamkeit wieder im Kaffeehaus. Der Ton ist wieder da. Sie hört die Menschen um sich herum wieder reden und lachen. Lisa ist die Einzige, die ganz ruhig geworden ist und LunaSol ernst anschaut.
„Was ist jetzt passiert, LunaSol? Geht es dir nicht gut?“, fragt Lisa. LunaSol vertraut sich ihrer Freundin an, Tränen rinnen ihr über die Wangen. Lisa hört aufmerksam zu. Als LunaSol ihre Ängste ausgesprochen hat und schließlich innehält, nimmt Lisa sie voller Mitgefühl lange in die Arme.
„Alles ist gut“, flüstert sie ihr zu. „Das ist gar nicht so ungewöhnlich. Das kommt bei vielen Frauen nach Geburten vor, aber auch später im Leben, besonders im Alter.“ Lisa erklärt LunaSol, dass sie keine Angst haben muss. Das sind bloß Muskeln, die nicht mehr trainiert wurden.
Sie erklärt LunaSol ausführlich den Beckenboden, seine wichtige Bedeutung für die Blase und vor allem für die Gebärmutter bei Frauen sowie warum es wichtig ist, den Beckenboden ein Leben lang fit zu halten. Und genau aus diesem Grund hat Lisa schon vor mehreren Jahren beschlossen, in ihren Yoga-Einheiten einen Schwerpunkt auf die Stärkung des Beckenbodens zu setzen – sowohl bei ihren weiblichen als auch bei ihren männlichen Schülern.
LunaSols Augen sind weit geöffnet, und sie hört Lisa sehr aufmerksam zu. LunaSol atmet tief durch und entspannt sich. Sie kann spüren, wie sich ihre Ängste ganz langsam in Luft auflösen. Das macht absolut Sinn, was Lisa ihr erzählt. LunaSol nimmt sich fest vor, nächste Woche wieder bei Lisa eine Yoga-Einheit zu machen, um zu lernen, wie sie ihren Beckenboden erspüren, trainieren und stärken kann. Sie ist fest entschlossen, ihrem Körper so gut es geht zu helfen, gesund zu bleiben. Unkontrollierter Harnverlust wird der Vergangenheit angehören – das nimmt sich LunaSol fest vor.
Erklärungsbox
Der Beckenboden besteht aus Muskeln, Bändern und Bindegewebe. Wie eine straff gespannte Hängematte liegt er im unteren Becken und gibt dort den Organen des Bauches und des Beckens, insbesondere der Blase und der Gebärmutter, Halt. Bewegungsmangel, viel Sitzen, aber auch Geburten schwächen ihn.
Mit konsequentem Training einfacher Übungen – die übrigens auch überall ausgeführt werden können, da sie für Außenstehende nicht sichtbar sind (!) – können Frauen (und auch Männer), vor allem aber junge Mütter, die Kontrolle über die Blase zurückgewinnen. Ein starker Beckenboden schützt vor Harninkontinenz und erhöht ganz nebenbei die Freude am Sex – nicht umsonst wird dieser Muskel auch als Liebesmuskel bezeichnet.
Beckenboden-Übungen sind im Yoga wichtige Energieerweckungs- und Energielenkungsübungen und werden auf Sanskrit als „Mudra“ bezeichnet. Das „Mula Bandha“, der gesamte Beckenbodenmuskel, wird dabei fest verschlossen – „Mula Bandha“ steht im Sanskrit für „Wurzelverschluss“.
Die Energie kann nun nicht mehr nach unten ausströmen; stattdessen wird die Energie von unten nach oben geleitet, und der Körper hält das vorher eingeatmete Prana in den Organen fest. Der Körper füllt sich mit Lebensenergie und Kraft.
Praxisbox „Ein starker Beckenboden“
Ich atme völlig entspannt mit der vollen Yoga-Atmung ein.
- Mein Beckenboden ist entspannt.
- Mit der Einatmung hebt sich mein Zwerchfell und füllt sich mit Sauerstoff. Auch meine Nieren füllen sich mit Sauerstoff. Zwerchfell und Nieren sind nun voller Sauerstoff.
- Nun hebt sich zusätzlich auch mein Brustkorb, erst der untere Teil, dann auch der obere, und meine Lunge füllt sich bis hinauf zu den obersten Lungenspitzen mit Sauerstoff.
- Zwerchfell, Nieren und Lungen sind nun prall gefüllt mit Sauerstoff und Prana – der Lebensenergie um uns herum, die wir mit dem Sauerstoff einatmen.
Ich halte kurz die Atmung an und spanne den Beckenboden an.
- Ich spüre die Lebensenergie in meinen Organen.
- Nun spanne ich mit ganzer Kraft meinen Beckenboden an. Dabei spanne ich jene Muskeln an, die das Harnlassen unterbrechen würden. Ich stelle mir vor, dass diese Muskeln wie ein „Lift“ sind, die ich nun vom Erdgeschoß in den 1. Stock und wenn möglich bis hinauf in den obersten Stock fahre.
- Und halte.
Ich atme kraftvoll und bewusst aus, der Beckenboden bleibt angespannt.
- Ich halte den „Lift“ immer noch im obersten Stock.
- Bis zum letzten Lufttropfen atme ich gleichzeitig kraftvoll die ganze verbrauchte Luft aus.
Wenn der Impuls zur Einatmung kommt, entspanne ich erst meinen Beckenboden und beginne dann wieder mit der vollen Yoga-Atmung. 10-mal wiederholen.
Dabei wiederhole ich innerlich das folgende Mantra:
Ich bin kraftvolle, heilende Energie.
Ängste haben keinen Platz in meinem Leben.
Mein Körper ist komplett gesund.
Mein Herz ist voller Liebe.
Ich vertraue.
Alles ist gut
Beckenboden stärken
Beckenbodenübungen von Hebamme Katharina Wallner.
Autor:in:
Maria Cristina begleitet seit mehreren Jahren als Yoga-Lehrerin Frauen und Männer auf dem Weg zu den eigenen Energiequellen. In ihrer Kolumne auf www.all4family.at setzt sie sich humorvoll und nachdenklich mit…